(„Grupo 7“ directed by Alberto Rodriguez, 2011)
Drogen sind böse. Leute, die Drogen verkaufen, sind auch böse. Leute, die andere daran hindern, Drogen zu verkaufen, müssen demnach gut sein – so die Theorie. Doch für Theorien gibt es im Sevilla von 1987 nur wenig Platz: Die spanische Stadt ist eifrig damit beschäftigt, sich auf die Expo 1992 vorzubereiten, wenn die ganze Welt bei ihnen zu Gast ist. In einer solchen Situation ist es nur verständlich, wenn die überall wuchernden Drogengeschäfte den Oberen ein Dorn im Auge sind. Hart durchgreifen heißt die Devise. Und niemand greift härter durch als die vier Mitglieder von Einheit Sieben, einem Spezialkommando der hiesigen Polizei. Körperliche Gewalt, Demütigungen – erlaubt ist, was zum Ziel führt.
Männer mit flexiblen Moralvorstellungen, die illegale, höchst wertvolle Güter entsorgen sollen – bei dieser Kombination verwundert es nicht wirklich, wenn das irgendwann zu Interessenkonflikten führt. Ángel (Mario Casas), das jüngste Mitglied der Schlägertruppe in Uniform, ist es, der als erster die Hand aufhält. Warum die sorgsam erkämpften Drogen an die Börden weggeben, wenn man damit auch Geld machen kann? Und so entdecken die Männer recht schnell die Vorteile, auf beiden Seiten des Gesetzes zu arbeiten: Durch ihr Insiderwissen kommen sie schnell zu den wirklich lukrativen Drogenhändlern, beenden deren Machenschaften, heimsen dafür viel Lob ein und verdienen sich ein bisschen was dazu.
Doch nicht alle können dieses Vorhaben gutheißen. Das zunehmend brutalere und willkürliche Vorgehen von Ángel lässt nicht nur ihn und seine Familie immer häufiger zum Ziel von Gewalt werden. Auch seine Teamkameraden ahnen, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis deren Einsätze am Rande der Legalität in einer Katastrophe enden.
Wer es geschafft hat, sich auch im Erwachsenenalter ein bisschen was vom Kindheitstraum, ein Polizist zu werden, bewahrt hat, nach diesen anderthalb Stunden dürfte davon nicht viel übrig geblieben sein. Wer hier noch gut, wer böse ist, lässt sich nicht mehr wirklich beantworten. Genau darum geht es in dem spanischen Film auch, nicht sie Stadt, nicht die Expo, die zunehmende Maßlosigkeit der Protagonisten ist das Thema. Vor allem Ángel, zu Beginn das Nesthäkchen und Sonnenscheinchen der Truppe, büßt rasant an Sympathiewerten ein. „Was soll ich nur mit euch machen“, fragt der Polizeichef, als der Widerspenstige mit Hang zur Selbstjustiz mal wieder im Alleingang auf Verbrecherjagd geht und wegschießt, was ihm in den Weg kommt. „Dasselbe wie immer: wegschauen.“
Wegschauen möchte man auch während des Films des Öfteren, zumindest während der expliziten Gewaltszenen. Da wird während eines Verhörs auch schon mal zum Hammer gegriffen, wenn die Antworten unbefriedigend ausfallen. Sehenswert ist Kings of the City aber dennoch, wenn auch nicht im Sinne von „schön“, „ausgefeilt“ oder „stylisch“. Der spanische Regisseur Alberto Rodriguez entschied sich stattdessen für eine realistische Herangehensweise, rau, ungeschönt, geradezu dreckig. Und trostlos. Sevilla als Slum, der sich nach Höherem sehnt, in der Zwischenzeit aber in einem Drogensumpf versinkt. Hochglanzaction à la Hollywood steht hier also weniger auf dem Programm, Pathos erst recht nicht. Das braucht Rodriguez aber auch nicht, um Spannung zu erzeugen.
Kings of the City ist seit 6. Juni auf DVD und Blu-ray erhältlich
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