(„Un Heureux Événement“ directed by Rémi Bezançon, 2011)
Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht? Diese Frage stellt sich bei Ein freudiges Ereignis nicht, denn Barbara (Louise Bourgoin) und Nicolas (Pio Marmai) sind schon nach fünf Filmminuten ein Paar. In einer kurzen aber äußerst charmanten Anfangssequenz wird erzählt, wie die beiden sich kennen und lieben lernen. Und sie lieben sich sogar so sehr, dass nach nur wenigen weiteren Filmminuten sich schon der Nachwuchs ankündigt. Wozu dann der Film? Was soll eine Liebeskomödie, bei der von Anfang an alles geklärt ist? Ganz einfach, es geht nicht um das „ob“, sondern um die Zeit danach. Um das, was nach dem Happy End vergleichbarer Filme auf das Paar wartet. Und das ist nicht unbedingt immer eine glückliche Geschichte.
„Wieso hatte mich niemand gewarnt? Wieso hatte meine Mutter nichts gesagt?“, fragt sich Barbara an einer Stelle und gibt damit die Grundidee des französischen Filmes wieder. Wie schon der gleichnamige Roman von Eliette Abécassis spricht Ein freudiges Ereignis etwas an, was viele sich nie zu sagen trauten: Eine frischgebackene Mutter schwebt nicht ununterbrochen auf Wolke Sieben. Im Gegenteil, aufgerieben zwischen der Verantwortung für ein kleines Wesen, ohne Hilfe, ohne Perspektive, ohne Abwechslung kann ein solches Leben scheiße sein, richtig scheiße.
Nicht die Freude des Ereignisses steht – trotz des Titels – dann im Mittelpunkt, sondern die Ängste, die Furcht vor dem unbekannten Leben und die Schwierigkeiten, sich daran anzupassen. Was als lockere und charmante Komödie beginnt, nimmt später also recht überraschende, äußerst dunkle Züge an. Doch gerade dieser schonungslose Tabubruch macht Ein freudiges Ereignis richtig sehenswert. Das ist besonders auch ein Verdienst von Hauptdarstellerin Louise Bourgoin, die ebenso überzeugend wie eindringlich einen Menschen darstellt, der mit seinem „Mutterglück“ überfordert ist und zunehmend Depressionen verfällt.
Ein reines Drama ist Ein freudiges Ereignis aber auch dann nicht. Immer wieder wird der ernste Teil von humoristischen Sequenzen unterbrochen, etwa bei den Auftritten von Firmine Richard, die wie schon in Willkommen in der Bretagne eine ruppige Hebamme spielt oder Barbaras gelegentlichen Halluzinationen oder bizarren Träumen. Aber auch bei der Gegenüberstellung der beiden Mütter des Paares wurde eindeutig auf Lacher spekuliert. Nicolas’ Mama (Gabrielle Lazure) ist streng, besserwisserisch und weigert sich, die Mutter ihres Enkelkindes zu duzen. Ganz anders Barbaras etwas grobschlächtige dafür freundliche Mutter Claire (Josiane Balasko), die ihre Kinder seinerzeit alleine groß ziehen musste.
Besonders gelungen dabei ist, dass Barbara nicht einfach nur als selbstsüchtige oder herzlose Frau dargestellt wird, die sich dem Mutterglück entzieht. Vielmehr zeigt sich bei ihr in der Fortsetzung der Erfahrung ihrer eigenen Eltern, wie schwer es letztendlich ist, diese neue Phase zu meistern. Barbara war ihr Leben lang immer voller Vorwürfe gewesen. Dem Vater gegenüber, der die Familie verlassen hatte, als sie vier Jahre alt war. Aber auch ihrer Mutter gegenüber, die sich in ihren Augen nie genug um sie gekümmert hatte. Erst als sie selbst in der Situation ist und auch ihre eigene Beziehung zu Nicolas zu zerbrechen droht, merkt sie, wie wenig sich das Leben an Idealvorstellungen und Raster hält, oder auch an Planungen. Regisseur Rémi Bezançon ist so zusammen mit seinen überzeugenden Schauspielern ein einfühlsamer und ehrlicher Film über Licht und Schatten des Elterndaseins gelungen, über wunderbare Momente des Glücks aber auch brutale alltägliche Augenblicke voller Angst und Selbstzweifel.
Ein freudiges Ereignis ist seit 16. August auf DVD und Blu-ray erhältlich
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