Geniestreich oder Grausamkeit? Als Beethoven sein 14. Streichquartett komponierte, legte er fest, dass zwischen den Sätzen keine Pausen eingelegt werden dürfen. Das ist nicht nur für die Musiker eine Herausforderung, die gegen zunehmende Erschöpfung und Konzentrationsschwächen anspielen müssen, sondern auch für die Instrumente: Ohne die Möglichkeit, zwischendurch Geige, Cello & Co. zu stimmen, droht alles mit der Zeit schief zu werden und dass sich entschieden disharmonische Klänge in die Musik einschleichen.
Ein letztes Spiel
Eben das gilt auch für das „Fugue String Quartet“, eines der bekanntesten Ensembles der Welt. Als Peter (Christopher Walken) eines Tages die schockierende Nachricht erhält, dass seine nachlassenden Koordinationsfähigkeiten auf eine frühe Form von Parkinson zurückzuführen ist, bedeutet das das Ende des Quartetts. Bevor er sich aus dem Musikerleben zurückzieht, will er aber noch ein letztes Konzert mit seinen langjährigen Partnern geben und dabei das besagte 14. Streichquartett aufführen. Doch sein Rückzug löst eine Kettenreaktion aus und bringt eine Reihe von Spannungen zwischen den vier Musikern ans Tageslicht, die sich unbemerkt während der 25 gemeinsamen Jahre aufgebaut haben.
Robert (Philip Seymour Hoffman) zum Beispiel will nicht länger nur die zweite Geige spielen – wortwörtlich aber auch im übertragenen Sinn. Er ist es leid, im Schatten des anderen großen Geigenspielers Daniel (Mark Ivanir) zu stehen und fordert ihn auf, dass sie abwechselnd die Führungsposition einnehmen, was für Daniel aber gar nicht erst zur Debatte steht. Da ihn auch seine Frau Juliette (Catherine Keener) bei seinen Plänen nicht wirklich unterstützt, stürzt sich Robert in eine Affäre. Und als wären das schon nicht genügend Probleme, bändelt Daniel auch noch mit der Tochter der beiden an. Der feierliche Abschluss von Peters großer Karriere droht damit, in einer absoluten Katastrophe zu enden.
Viel Drama um nichts
Zeig mir, wie du spielst und ich sag dir, wer du bist: In Saiten des Lebens dreht sich nicht nur bei der Rahmenhandlung alles um Musik, sie wird hier auch eingesetzt, um uns mehr über die vier Akteure zu verraten. Das ist mal mehr, mal weniger gelungen, mal einfühlsam, dann wieder mit dem Holzhammer erzählt. Allgemein wurde hier ein bisschen viel Melodram hineingepackt, das wäre sicher auch etwas subtiler gegangen. Die kleineren Eifersüchteleien, die verletzten Eitelkeiten, die sich eingeschlichen haben, die feinen Risse, die von der Beständigkeit und dem Erfolg bedeckt waren – all das wirkt glaubhaft. Dass aber auch Ehebruch und eine Affäre mit der Tochter eingebaut wurden, notwendig wäre das nicht gewesen und zieht das Drama zeitweise unnötig auf Soap-Opera-Niveau herunter.
Dass der Film trotz allem so sehenswert ist, liegt einmal mehr an den Schauspielern, die selbst mit den Instrumenten in der Hand einen überzeugenden Eindruck hinterlassen. Hoffmann (Capote, The Master) ist ja ohnehin in dem Dramagenre bestens aufgehoben und Walken darf nach diversen Komödien und Thrillern (unter anderem 7 Psychos und Stand Up Guys) zeigen, dass er immer noch ein verdammt guter Charakterdarsteller ist. Keener und Ivanir runden das gelungene Quartett ab, wobei der Israeli als stocksteifer Daniel sicher nicht die dankbarste Rolle übernehmen durfte.
OT: „A Late Quartet“
Land: USA
Jahr: 2012
Regie: Yaron Zilberman
Drehbuch: Seth Grossman, Yaron Zilberman
Musik: Angelo Badalamenti
Kamera: Frederick Elmes
Besetzung: Catherine Keener, Christopher Walken, Philip Seymour Hoffman, Mark Ivanir, Imogen Poots, Madhur Jaffrey, Liraz Charhi, Wallace Shawn
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