No One Lives

No One Lives

(„No One Lives“ directed by Ryûhei Kitamura, 2012)

No One LivesKeiner überlebt – oh ja, der Titel passt. Gleich zu Beginn sehen wir, wie die Flucht einer Frau gewaltsam gestoppt wird. Doch bevor wir mehr über deren Schicksal erfahren, stehen erst einmal eine Reihe weiterer Menschen im Mittelpunkt, die im Laufe der gut anderthalb Stunden ihr Leben lassen werden – wovon sie zu Beginn freilich wenig ahnen. Angeführt von Harris (Gary Grubbs) versucht eine Verbrecherbande, ein leerstehendes bis oben hin mit Wertsachen gefülltes Familienanwesen zu plündern. Fast hätte das auch geklappt, wäre besagte Familie nicht früher aus dem Urlaub zurück, was diese alsbald mit ihrem Leben bezahlt. Klare Sache: Mit diesen Gangstern legt man sich besser nicht an.

Aber das gilt nicht nur für sie. Als das Bandenmitglied Flynn (Derek Magyar) ein unscheinbares Pärchen auf der Durchreise überfällt, konnte er ja nicht wissen, was die Geschichte hinter dem Fahrer (Luke Evans) und seiner Freundin Betty (Laura Ramsey) ist. Und auch nicht, dass er jemandem gegenüber steht, der ihnen nicht nur waffenmäßig überlegen ist, sondern seinen ganz eigenen Zugang zum Morden hat: Er macht es gerne, so als Hobby. Und losgelöst von wirtschaftlichen Zwängen, macht er das auch verdammt gut. Und so begibt sich der ambitionierte Serienmörder, mächtig angefressen von der unfreundlichen Behandlung und dem frühen Ableben von Betty, auf den Weg, jeden zu töten, der auch nur irgendwie mit der Bande zu tun hat. Zumal die noch etwas haben, das ihm gehört: Millionärstochter Emma (Adelaine Clemens).No One Lives Szene 1

Ein bisschen erinnert der Film danach an „Zehn kleine Negerlein“ und ein Großteil des Vergnügens besteht in der Wette, wer denn nun dieses Mal ins Gras beißen muss. Anders als im Krimiklassiker steht bei No One Lives – Keiner überlebt aber natürlich fest, wer hinter den Morden steckt – was der Spannung aber keinen Abbruch tut. Bei den überaus perfiden Hinrichtungen macht sich nämlich bemerkbar, dass Regisseur Ryûhei Kitamura über reichlich Horrorerfahrung verfügt, unter anderem Midnight Meat Train inszenierte. Ein reiner Genrefilm ist das Massaker aber dennoch nicht, denn der Japaner beweist zwischendurch immer wieder tiefschwarzen Humor, ohne jedoch je ins Komödienfach zu wechseln.

So wirkt es natürlich reichlich unglaubwürdig, dass eine erfahrene Verbrechertruppe nicht in der Lage sein soll, einen einzelnen Mann aufzuhalten. Auch dass der bis zum Schluss nicht namentlich genannte Protagonist über ein Waffenarsenal verfügt, für das ihn selbst ambitionierte Diktatoren im mittleren wie fernen Osten noch beneiden würden, ist sicher nicht ganz ernst gemeint. Aber gerade dieses Übertriebene sorgt für gute Laune, egal ob es sich dabei um die groteske Ausgangssituation, die absurden Dialoge oder die exzessive Gewalt handelt: Blut fließt hier in Massen und bei so mancher Szene sollte man besser über einen robusten Magen verfügen.No One Lives Szene 2

Raffiniert, subtil oder gar komplex ist hier naturgemäß nichts und die Charaktere versuchen erst gar nicht, Tiefe zu zeigen. Auch was die Inszenierung angeht, stimmt hier formal alles, ohne aber neue Wege zu gehen. Da war zum Beispiel Alexandre Ajas Maniac sicher der interessantere Film. Schade auch, dass zum Ende hin die Übersteigerung auf Kosten der Spannung geht. Aber was soll’s, dafür erleben Genrefans ein gut inszeniertes Guilty Pleasure, bei dem man nach einiger Zeit gar nicht mehr weiß, welche Seite man überhaupt anfeuern soll: die überheblichen Kleinstadtverbrecher oder den sadistischen Psychopathen?

No One Lives – Keiner überlebt erscheint am 2. Oktober auf DVD und Blu-ray 



(Anzeige)

Eine skrupellose Verbrecherbande legt sich unwissentlich mit einem psychopathischen Serienmörder an – das kann ja nur in einem Blutbad enden. Das tut es bei No One Lives – Keiner überlebt auch, dessen Titel wirklich Programm ist. Reichlich simpel und übertrieben, werden Genrefans mit dem blutigen Slasher aber ihren Spaß haben.
6
von 10