(„Sin Reaper“ directed by Sebastian Bartolitius, 2012)
Horror made in Germany – das ist nach wie vor selten. Wobei „in“ hier nur zum Teil zutrifft. Während es sich tatsächlich um eine reine deutsche Produktion handelt, ist die Schauspielcrew dann doch eher international zusammengestellt. So auch die britische Hauptdarstellerin Helen Mutch, die hier in die Rolle von Samantha Walker schlüpft. Samantha ist eine hübsche, junge und intelligente Frau. Eine Frau, der die ganze Welt offenstehen sollte. Wären da nicht ihre seltsamen Alpträume, die sie seit Jahren schon plagen und sie zur Dauerpatientin ihres Psychologen Dr. Hoffman (Lance Henriksen) machen.
Dr. Hoffman ist es auch, der ihr nahelegt, einmal nach Deutschland zu fahren, wo sie ursprünglich herstammt. Wirkliche Erinnerungen an die alte Heimat hat sie nicht, oder zumindest keine, die sie irgendwie zuordnen könnte. Ein altes Gemäuer, ein Junge, ein grausiger Mord – immer wieder spuken dieselben Bilder in ihren Träumen durch den Kopf. Und das so detailliert, dass sie anschließend alles genau aufzeichnen kann. Aber einen Zusammenhang findet sie einfach nicht. Ein hoffnungsloser Fall also? Nicht für Dr. Hoffman, der eines Tages das Gebäude ausfindig macht, in das sich Samantha Nacht ein, Nacht aus verirrt: ein altes Kloster in Wallenhausen, Deutschland.
Viel verspricht sich das Mädel ja nicht von dem Ausflug. Ganz allein, ohne Deutschkenntnisse – was soll sie da schon groß herausfinden? Bis sie nachts zusammen mit anderen in das Kloster einbricht und zwei erschreckende Entdeckungen macht: 1. Die blutigen Szenen aus ihren Träumen haben tatsächlich einst dort stattgefunden. 2. Noch immer macht dort ein Mörder die Runde, der barmungslos und äußerst brutal jeden tötet, der sich dem Kloster nähert.
Wer die etwas umständliche Einleitung des Films überstanden hat und zusammen mit den Jugendlichen die Nacht im abgelegenen Kloster verbringt, wird sich unweigerlich fragen: Warum werden Kloster so selten zu einem Schauplatz von Horrorfilmen gemacht? Verwinkelt, dunkel, alt und verlassen, bringt das klerikale Gemäuer wirklich alles mit, was ein Genrevertreter so braucht. Anfangs freut man sich so auf eine Mischung aus Edgar-Wallace-Mystery und klassischem Slashervergnügen à la Halloween oder Freitag der 13. Schöne Bilder hat Regisseur Sebastian Bartolitius bei seinem Debüt also schon auf den Fernseher gezaubert.
Leider wird der Zuschauer aber ebenso bald feststellen, dass die stimmungsvolle Location die einzige wirklich gelungene Idee des Drehbuchteams war. So lange es bei Andeutungen bleibt, einem mysteriösen Mörder, der durch die Gänge schleicht, sind Atmosphäre und Spannungsbogen gut gelungen. Später weicht der gelungene Einstieg in die Horrornacht jedoch einem zunehmend ärgerlichen, weil wenig glaubwürdigen Katz-und-Maus-Spiel. Klar, Horrorfilme sieht man sich nicht wegen tiefgehender Handlungen, komplexer Charaktere oder ausgearbeiteten Dialogen an. Ein bisschen mehr als das hier darf es dann aber doch sein.
Selbst wer über die hölzernen Dialoge, die vorhersagbare Geschichte und die willkürlich handelnden Charaktere hinwegsehen kann, wird sich oft ungläubig die Augen reiben: Ein Mensch, der zu schwer verletzt ist, um zu laufen, dafür aber problemlos durch die Luft springt? Ein Mörder, der mitten über den Hof läuft, ohne dass es jemand merkt? Opfer, die vor dem Angreifer davonlaufen, anstatt die Tatwaffe aufzuheben, die der direkt neben ihnen hat fallenlassen? Das muss nun wirklich nicht sein. Ärgerlich ist das vor allem, weil mit etwas mehr Mühe beim Drehbuch durchaus ein ordentlicher Film daraus hätte werden können. So aber bleibt bei Sin Reaper – Stirb für deine Sünden auf der Plusseite nur das stimmungsvolle Ambiente, das nette Kostüm des Mörders und – sofern man ein Fan davon ist – viel Kunstblut.
Sin Reaper – Stirb für deine Sünden ist seit 25. Oktober auf DVD erhältlich, die Blu-ray erscheint am 8. November
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