(„A Field in England“ directed by Ben Wheatley, 2013)
Es gibt Regisseure, da hat man schon vorher eine recht gute Ahnung, welches Genre einen erwartet. Wes Craven zum Beispiel. Oder Roland Emmerich. Woody Allen. Und dann gibt es solche, bei denen man auch nach dem Film nicht genau sagen kann, was man da eigentlich gesehen hat. Ben Wheatley ist ein solcher Regisseur. Schon sein letzter Film Sightseers wanderte irgendwo im Niemandsland zwischen Horror, Drama und Satire umher. Und mit seinem neusten Film A Field in England setzt er dem ganzen noch eins drauf.
Dabei sieht die Sachlage zu Beginn noch recht eindeutig aus. Der Film versetzt uns zurück ins England des 17. Jahrhunderts, als das Land mitten in einem fürchterlichen Bürgerkrieg steckt. Whitehead (Reece Shearsmith), der Assistent eines Alchimisten, sucht auf Befehl seines Meisters einen abtrünnigen Schüler, der mit wertvollen Dokumenten verschwunden ist. Während dieser Suche begegnet er Cutler (Ryan Pope) und den beiden Deserteuren Jacob (Peter Ferdinando) und Friend (Richard Glover). Gemeinsam beschließen sie weiterzuziehen und in einem Wirtshaus Rast einzulegen. Auf dem Weg dorthin treffen sie aber O’Neil (Michael Smiley), eben jenen Mann, den Whitehead eigentlich verhaften soll. Und der flüchtige Magier hat nicht vor, sich diesem Schicksal zu ergeben. Im Gegenteil: Er zwingt die anderen, einen Schatz zu suchen, der auf diesem Feld vergraben sein soll.
Soviel zur Geschichte. Aber eins vorneweg, die ist in diesem Film absolute Nebensache. Schon nach den ersten Minuten wird klar, worauf sich Ben Wheatley konzentriert hat und das ist die Inszenierung, die gleich in mehrfacher Hinsicht unglaublich ist. Vergleichsweise alltäglich muten da noch die stimmungsvollen Schwarzweißbilder an. Doch richtig an Fahrt nimmt A Field in England erst später auf, wenn die Männer Pilze zu sich nehmen und man sich nicht mehr so wirklich sicher sein kann: Ist das real? Oder Halluzination? Vielleicht doch Magie?
Sequenzen im Zeitraffer à la Benny Hill, dann wieder in Zeitlupe oder stroboskopische Bildfolgen, zwischendurch Pseudostandbilder, Großaufnahmen oder ungewöhnliche Perspektiven – Wheatley nutzt jede Gelegenheit, um eingefahrene Filmgewohnheiten aufzubrechen. Und auch bei der Akustik zeigt der Regisseur Eigensinn, Geräusche werden verstärkt, Stimmen wirken manchmal losgelöst von den Sprechern. Alles verschwimmt, nichts gehört zusammen. Ein Faible fürs Experimentelle vorausgesetzt, bekommen Zuschauer hier also einiges geboten: Mal betörend, dann verstörend, ist A Field in England ein makaber-grotesker Trip, der selbst beim Fantasy Filmfest erstaunte Blicke erntete – und das Publikum dort ist etwas andersartige Filme gewohnt.
Doch auch die faszinierende Umsetzung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass hinter dem stilvollen Sinnesrausch kein wirklicher Inhalt wartet. Wie schon bei Sightseers fordert einen Ben Wheatley mit seinen ungewöhnlichen Einfällen heraus, die aber mehr faszinieren als wirklich unterhalten. Das fällt vor allem zu Beginn auf, wenn die Inszenierung noch nahe bei den Konventionen bleibt und A Field in England trotz schöner Bilder schlicht langweilig ist. Erst nach 20 Minuten, wenn O’Neil auf seltsame Weise zur Gruppe stößt, wird es interessant. Und auch später konzentriert sich die eigene Neugierde eher darauf, welche optischen und akustischen Sonderheiten sonst noch folgen werden. Das Schicksal der fünf Männer ist einem zu dem Zeitpunkt hingegen längst egal. Und so bleibt nur zu hoffen, dass bei allem Respekt vor Wheatleys überbordender Kreativität, er bei seinem nächsten Film doch auch der Handlung etwas mehr Aufmerksamkeit widmet und er etwas findet, mit dem er seine bemerkenswerten Filme füllen kann.
A Field in England ist seit 5. November auf DVD und Blu-ray erhältlich
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