(„Kandidaten“ directed by Kasper Barfoed, 2008)
Jung, erfolgreich, glücklich verheiratet: Dem Strafverteidiger Jonas Bechmann (Nikolaj Lie Kaas) scheint die ganze Welt offenzustehen. Doch nicht die Zukunft ist es, die so schwer auf seiner Seele lastet, sondern die Vergangenheit. Ein Unfall? Oder war es doch ein Mord? So richtig abschließen konnte Jonas den Tod seines Vaters nie. Schließlich gab es keinen ersichtlichen Grund, warum der alte Herr im Wald gegen den Baum rasen musste. Dazu gesellen sich andere Ungereimtheiten, die einen Fall betreffen, die er vor der fatalen Fahrt betreute. Als in dessen früherer Kanzlei eine Stelle frei wird, wittert der smarte Jonas endlich die Chance, die wahren Hintergründe von dessen Tod finden zu können.
Stattdessen findet er aber nach einem heftigen Streit mit seiner Frau Louise (Laura Christensen) und einer durchzechten Nacht ein totes One-Night-Stand (Tuva Novotna) in seinem Hotelzimmer. Und ein passendes Erpresserschreiben in der Hauspost gleich dazu. Die Indizien sprechen gegen ihn, wer soll ihm da noch glauben? Die Polizei? Seine Frau, die er gerade betrogen hat? Also bleibt Jonas nichts übrig, als zu fliehen und auf eigene Faust zu ermitteln. Die einzige Unterstützung dabei erhält er durch Martin Schiller (Ulf Pilgaard), einen ehemaligen Kollegen seines Vaters.
Skandinavien hat sich in den letzten Jahren bekanntlich als zuverlässiger Lieferant von düsteren Krimis etabliert. Im Fahrwasser von Stieg Larssons Millenium-Trilogie finden immer wieder aktuelle aber auch ältere Produktionen aus dem Norden ihren Weg ins heimische Videoregal. Einer davon ist Der Kandidat, der zwar schon 2008 gedreht wurde, aber jetzt erst auf Deutsch vorliegt. Und gerade noch rechtzeitig möchte man meinen: Zwei Monate bevor er in der Romanverfilmung Erbarmen von Bestsellerautor Jussi Adler-Olsen zu sehen sein wird, darf Hauptdarsteller Nikolaj Lie Kaas hier schon einmal seine detektivischen Fähigkeiten unter Beweis stellen.
Kaas dürfte Genrefans aber schon vorher ein Begriff gewesen sein, sei es durch das schwarzhumorige In China essen sie Hunde, seine kleine Rolle in Illuminati oder spätestens seit seinem Auftritt in der finalen Staffel von Kommissarin Lund. Ähnlich wie bei Letzterem wird auch bei Der Kandidat mit unerwarteten Wendungen gearbeitet, die hier aber ein bisschen arg konstruiert wirken. Zudem werden sich erfahrene Spurensucher von diesem Störfeuer auch eher nicht aus der Bahn werfen lassen, dafür ist die Geschichte dann doch zu leicht zu durchschauen und vertraut zu sehr auf eine einzige Idee.
Unterhalten wird man aber trotzdem ganz ordentlich: Die Schauspielleistungen sind solide, die Verfolgungsszenen kompetent in Szene gesetzt, die Atmosphäre passt auch. Genrefans, die auf der Suche nach weniger komplexem Nachschub sind, können daher mal einen Blick auf den dänischen Thriller werfen. Besser als die vielen Skandinavien-Krimis der letzten Jahre ist er zwar nicht, aber eben auch nicht schlechter. Und das reicht, um einem zumindest die Wartezeit auf den nächsten großen Vertreter zu verkürzen.
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