(„Eltern“ directed by Robert Thalheim, 2013)
Was hatte sich Konrad (Charly Hübner) auf diesen Tag gefreut. Jahrelang war der Theaterregisseur zu Hause geblieben und hatte sich liebevoll um die Kinder gekümmert, erst um Käthe (Parashiva Dragus), später dann auch um Emma (Emilia Pieske). Damit war Konrad nicht nur zum modernen Vorzeigepapi und Idol sämtlicher Kindergartenmuttis, sondern auch zum heimlichen Lieblingselternteil des eigenen Nachwuchses avanciert. Während er den Haushalt schmiss, übernahm seine Frau Christine (Christiane Paul) nämlich die Rolle des Brötchenverdieners und dabei Karriere als Anästhesistin gemacht.
Doch so richtig glücklich war Konrad mit seiner Rolle nie gewesen und drängt daher darauf, selbst wieder arbeiten gehen zu können und sich in seinem Beruf zu verwirklichen. Warum auch nicht? Die Kinder sind aus dem Gröbsten raus, das Au-pair-Mädchen Isabel (Clara Lago) soll dem berufstätigen Paar daheim unter die Arme greifen. Was Konrad und Christine jedoch nicht wissen: Isabel ist schwanger. Von häufigen Übelkeitsanfällen geplagt, stellt die Argentinierin keine wirkliche Hilfe dar. Doch wer soll sich dann um die Kinder kümmern? Konrad will nicht schon wieder zurückstecken müssen, Christine arbeitet gerade auf ihre Beförderung hin. Als sich die beiden auf keine Lösung einigen können, treten alte, nie angesprochene Konflikte zum Vorschein und die Familie droht auseinanderzubrechen.
Ja, es ist toll, ein richtiges Geschenk, so viel Zeit mit den eigenen Kindern verbringen zu dürfen. Sie aufwachsen zu sehen. Doch dafür bedeutet es auch, selber zurückzustecken, den beruflichen Anschluss zu verlieren und die Welt da draußen aus den Augen zu verlieren. Regisseur und Koautor Robert Thalheim nahm seine eigenen Erfahrungen und Gedanken als Vater in Elternzeit zum Anlass, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Was wenn das immer so bleibt? Kann man damit glücklich werden?
Dass Eltern zumindest autobiografisch inspiriert ist, merkt man ihm zu jeder Zeit an. Thalheim gab sich sichtlich Mühe, seinen neuesten Film so authentisch wie möglich zu gestalten. Dass ihm das gelingt, liegt nicht nur an den alltäglichen, teils fast banalen Szenen, sondern auch an dem tollen Ensemble. Man nimmt sowohl den großen als auch den kleinen Darstellern ihre Rollen ab. Wenn Konrad nach Jahren der Aufopferung fast schon trotzig auch seinen Anteil am Leben fordert oder Christine schon beim Arztbesuch die Kinder nicht mehr in den Griff bekommt, dürften sie vielen Paaren aus der Seele sprechen, die sich in dem Bild der modernen Familie einfach nicht wiederfinden.
Schön dabei ist, dass Thalheim keinem der beiden Partner die „Schuld“ zuschiebt. Schließlich sind beide Perspektiven bis zum Schluss nachvollziehbar, keiner ist über das natürliche Maß hinaus egoistisch. Dass manche Situationen vielleicht einfach nicht funktionieren und nicht funktionieren müssen, zeigt der Regisseur auch an der Figur der Isabel, die ebenfalls mit ihrer aktuellen Lage überfordert ist und durch die Abtreibung als reale Option ins Spiel kommt – ohne sie weder zu befürworten, noch zu verteufeln.
Wenn es bei Eltern ein Problem gibt, dann nur, dass vieles überspitzt dargestellt wird. Für sich allein genommen, funktioniert jede Szene wunderbar. In der Summe aus vielen kleinen Schwierigkeiten und Katastrophen wird aus dem Alltag jedoch ein siebentägiges Worst-Case-Armageddon, das in der konzentrierten Form natürlich nicht mehr glaubhaft ist. Statt den Figuren und den Konflikten Zeit zu geben, sich zu entwickeln, muss die Geschichte in einer Filmwoche vom Tisch sein und es werden Themen hineingepackt, was das Zeug hält. Hier wird dann deutlich, dass Thalheim trotz aller Authentizität kein naturalistisches Drama vor Augen hatte, sondern eine Komödie, die seine Zuschauer mit kleinen Absurditäten und konstruierten Zufällen unterhalten soll. Und das hat er geschafft.
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