(„Wrong“ directed by Quentin Dupieux, 2012)
And now for something completely different.
Nein, bei Wrong handelt es sich nicht um einen bislang unbekannten, jetzt erst gefundenen Streifen von Monty Python. Aber wenn es um den Absurditätsfaktor inmitten der Alltagswirren geht, steht die Komödie den Sketchen der legendären Comedytruppe in nichts nach. Denn auch wenn es schwer ist, den Film hier irgendwo einordnen zu wollen, eines ist er auf jeden Fall: anders.
Versuchen wir es doch einmal über eine kleine Inhaltsangabe. Dolph (Jack Plotnick) wacht eines Morgens auf und stellt fest, dass sein Hund weg ist. Sein Gärtner Victor (Eric Judor) hat derweil ganz andere Probleme: Eine Palme hat sich in eine Tanne verwandelt. Wann das passiert ist, wie das überhaupt passieren konnte, ist ihm ebenso ein Rätsel wie dem Zuschauer. Und Dolphs Kollegen, die nicht seine Kollegen sind, haben unter Dauerregen zu leiden – im Büro wohlgemerkt.
Inmitten diese nicht ganz alltäglichen Alltagsprobleme platzen immer mehr Figuren, deren einziges gemeinsames Merkmal ihre jeweilige Seltsamkeit ist. Da wäre zum Beispiel die nymphomanische Pizzaverkäuferin Emma (Alexis Dziena), der Hundeguru Chan (William Fichtner), ein Detektiv (Steve Little), dessen Büro in einer Apotheke ist, und ein Polizist, der sich einen Spaß draus macht, Dolph mit seiner Willkür zu piesacken und zu verwirren. Sofern man den überhaupt noch mehr verwirren kann.
Auf diese Weise fügt Wrong Absurdität an Absurdität, Sonderlinge an Sonderlinge, ein Mysterium ans nächste. Klare Aussagen? Sinn? Handlung? Diese Konzepte sollte besser gleich aus dem Zimmer verbannen, wer sich in die wunderliche Welt des Dolph wagt. Schon der Beginn verrät nicht wirklich, worüber der Film sprechen möchte, ober er überhaupt über etwas sprechen möchte. Die anfängliche Hoffnung, zumindest auf der Zielgeraden wieder ein wenig mehr Kohärenz vorzufinden, eine Erklärung für Charaktere und Ereignisse, wird in immer neuen skurrilen, fast traumartigen Sequenzen zerrieben.
Das darf man mit gutem Recht schwierig nennen, vielleicht auch unbefriedigend, ja, sogar langweilig. Oder auch wahnsinnig witzig, befreiend und großartig. Wichtigste Voraussetzung dafür ist die Vorliebe für einen Humor, dessen Komik darin besteht, die Gesetzmäßigkeiten des Alltags teils zu persiflieren, teils einfach außer Kraft zu setzen. Das Besondere ist, dass es dafür gar nicht mal so viel braucht. Nur durch kleine Stellschrauben, die Regisseur Quentin Dupieux verstellt, wird uns bewusst, wie sehr wir doch durch Erwartungen geprägt sind. An einigen Stellen wird Wrong auch so surreal, die Dialoge so unwirklich, dass auch David-Lynch-Fans ihre Freude haben werden. Anders als beim Regieurgestein mag hier zwar vieles „falsch“, aber nicht düster sein. Nicht das Monströse lauert hinter dem Sonderbaren, sondern Menschen mit ihren kleinen Regeln, Vorstellungen und Träumen.
Musikfans kennen Quentin Dupieux übrigens vielleicht aus einem anderen Zusammenhang und unter einem anderen Namen: Als Mr. Oizo stürmte er Ende der 1990er mit seiner Elektromusik die internationalen Charts. Vor allem das Video zu „Flat beat“, in dem der Büroalltag eines kleinen, gelben Plüschwesens gezeigt wird, machet den Franzosen über die Landesgrenzen hinweg bekannt. Schon damals zeigte sich in dem Clip, bei dem Dupieux natürlich auch selbst Regie führte, dass der eigenwillige Künstler ein Faible für die Gegenüberstellung von Vertrautem und Absurdem hat. Auf Wrong kann er zeigen, wie sehr er diese Kunst inzwischen verfeinert hat.
Wrong ist seit 7. November auf DVD und Blu-ray erhältlich
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