(„Una pistola en cada mano“ directed by Cesc Gay, 2012)
„Ihr Männer habt doch in jeder Hand eine Pistole, oder?“
Real sicher nicht, aber in der eigenen Fantasie – ja, das schon. Wie John Wayne wäre er gerne, so sagt er. Groß, stark, souverän. Aber G. (Ricardo Darin) ist nichts davon. Er spioniert heimlich seiner Frau nach, von der er weiß, dass sie ihn betrügt, und er muss Medikamente für seinen Magen nehmen. Ob er denn schon mit ihr darüber gesprochen habe, will L. (Luis Tosar) wissen. Nein, natürlich nicht! Welcher Mann will schon zugeben, dass er verloren hat?
Dabei wäre G. in bester Gesellschaft, zumindest wenn es nach Ein Freitag in Barcelona geht. Acht Männer um die vierzig hat Regisseur Cesc Gay in seinem Episodenfilm versammelt. Männer, die in Gedanken vielleicht dem großen Westernstar nacheifern, deren Kämpfe im Alltag aber deutlich weniger heroisch ausfallen. Kahlköpfigkeit, Arbeitslosigkeit, Erektionsprobleme, Eifersucht. Einer von ihnen kann nicht einmal mehr mit einer Bahn fahren, weil er darin Angstzustände bekommt. Doch nach außen will sich niemand was anmerken lassen. „Wir reden über sehr wichtige Dinge“, antwortet A. (Alberto San Juan), als Maria (Leonor Watling) ihn fragt, worüber er und ihr Mann eigentlich reden. „Wir nicht“, antwortet Maria darauf. „Wir reden nur über unsere Männer.“
Eine der vielen wundervollen Szenen, die den spanischen Film kurz und pointiert wiedergeben. Auf der einen Seite die Frauen, die kein großes Aufhebens machen und Probleme ausdiskutieren. Und die Männer? Die können nicht einmal mit ihren besten Freunden über ihre jeweiligen Probleme sprechen, auch dann nicht, wenn sie es über die Frauen bereits erfahren haben. Diese Sprachlosigkeit geht so weit, dass keiner der acht männlichen Protagonisten einen Namen hat, Gay vermeidet es durch geschickte Dialoge, dass einer direkt angesprochen wird. Nur ein Mann darf einen Namen tragen: Julian, der Gastgeber einer Party, bei dem die diversen Episoden zum Ende zusammenlaufen. Doch der tritt – auch das ist ein witziger Einfall – gar nicht in Erscheinung. Der Mann, das Wesen, über das nur gesprochen wird, das aber nie selbst spricht?
Verspotten will Gay seine Hauptfiguren jedoch nicht, eher mischt sich unter die Seitenhiebe immer wieder Mitgefühl und Warmherzigkeit. Selbst als P. (Eduardo Noriega) das eigentlich Unverzeihliche versucht – er will seine Frau mit einer Arbeitskollegin betrügen – stellt er sich dabei so unbeholfen an, dass man ihm irgendwie nicht böse sein kann. „Man braucht Mut“, gibt er verdruckst zurück, als er gefragt wird, warum er seine Frau nicht verlässt. „Und wirklich schlecht läuft es ja auch nicht.“ So wie er sind sie alle nicht wirklich schlecht, die acht Männer. Ein bisschen umständlich vielleicht, zu zaghaft auch, aber dann auch wieder liebenswert. Und so würde man ihnen gerne einen Schlag auf den Hinterkopf geben, um sie anschließend zu umarmen – müsste man nicht befürchten, dass sie dann wieder anfangen zu weinen.
Ein bisschen leise dürfte diese Mischung aus Drama und Komödie für manche sein, allein schon weil (fast) keine Musik zu hören ist. Wo in deutschen Genrevertretern immer wieder gerne hymnische Popnummern ausgepackt werden, herrscht hier – passend zur Sprachlosigkeit der Protagonisten – nur Stille. Lediglich zwischen den fünf Episoden, wenn eine Geschichte endet, wird das Geschehen mit Musik untermalt. Außerdem widerstand Gay der Versuchung, Schenkelklopfer einzubauen. Der Humor in Ein Freitag in Barcelona ist eher zurückgenommen und verlässt sich auf den Gegensatz von Absurdem und Alltäglichen, von Männern, die Pistolen in den Händen zu halten glauben und dabei doch nur drauf warten, dass der nächste Fahrstuhl kommt.
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