(„Feuchtgebiete“ directed by David F. Wnendt, 2013)
Helen (Carla Juri) ist seeehr neugierig. Sie liebt es ihren Körper zu erkunden und Dinge auszuprobieren. Als es mal wieder um ihre Intimrasur geht, unterläuft ihr im hinteren Bereich ein schrecklicher Fehler. Die Folge ist ein Krankenhausaufenthalt auf Grund einer Analfissur. In dem Hospital lernt sie ihre große Liebe Robin (Christoph Letkowski) kennen und allein deshalb möchte sie das Krankenhaus nie wieder verlassen. Ihre blühende Fantasie und die vielen Tagträume verkürzen ihr und dem Zuschauer den Aufenthalt enorm, doch manche ihrer Vorstellungen neigen doch etwas zur Geschmacklosigkeit.
„Hast du schon Feuchtgebiete gelesen?“ „Nein, das ist doch widerlich!“
Was hat es nicht für Aufschreie gegeben, als Charlotte Roche ihren gleichnamigen Roman im Jahre 2008 veröffentlichte. Die Themenschwerpunkte waren verschrien, handelte es sich doch um Analverkehr, Intimrasur, Intimhygiene, Sexualpraktiken uvm. So war es ja nur eine Frage der Zeit, bis sich ein Regisseur an die filmische Umsetzung traut.
„Charakterstudie, Komöide, Tragödie, Hämorridie?“
Von all diesen Genrebezeichnungen, letztere natürlich fiktiv, findet man jeweils einen Teil in dieser verrückten Geschichte. Vielleicht ist Feuchtgebiete sogar eine Art Biografie oder ein kleiner Horrorfilm des Alltags. Unbeachtet, was davon aus wahren Begebenheiten der Autorin hervorgeht, sind die Darstellungen realistisch in jeglicher Hinsicht. Es schwankt stets zwischen Erotik und Ekel, ein gemütliches Abendessen ist dabei nur möglich, wenn man hochgradig ignorant ist oder blind und taub.
„Wer ist so verrückt eine solche Rolle zu spielen?“
Viele wundert es wahrscheinlich, dass Charlotte Roche nicht selbst die Titelrolle übernommen hat, vermutet man auf Grund ihrer seltsamen Fantasie in ihr doch, vermutlich völlig zu Unrecht, eine kleine nymphomanische Perverse. Aber die Hauptdarstellerin ist die talentierte, attraktive Carla Juri. Äußerst überzeugend spielt sie die naive Helen und schafft es die Menschen um sich herum zu verwundern und zu verwirren. Peinlich ist ihr eigentlich gar nichts. Schön fand ich es Axel Milberg in der Rolle des einfühlungsarmen Vaters zu sehen, die er wie gewohnt beherrscht.
„Was soll uns dieser Film mit auf den Weg geben?“
Charlotte Roche selbst hofft, dass junge Frauen sich nach dem Filmbesuch bestärkt darin fühlen, ihren Körper so zu akzeptieren wie er ist. Eben mit all den Makeln, die ein menschlicher Körper von Natur aus besitzt. Mir hat der Film gezeigt, dass es auch ganz angenehm sein kann, das Leben nicht immer von der ernsten Seite zu betrachten, aber es auch nicht bedenkenlos, wie Helen, auf die leichte Schulter zu nehmen und sich leichtfertig jeglichem Risiko auszusetzen. Ein gesundes Mittelmaß sollte wie sooft der richtige Weg sein.
Die Blu-ray-Version liefert eine große Palette an Extras: Making Of, Deleted Scenes, Interviews, Featurettes, Kurzfilm etc. Des Weiteren ist die Tonausgabe hier in DTS-HD Master Audio 5.1 und trägt einen bombastischen Sound direkt durch die Heimkinoanlage ans Ohr des Zuhörers. Hier merkt man immer wieder den Unterschied zwischen DVD und Blu-ray. Das Bild ist kristallklar, bei diesem Film an manchen Stellen wohl zu klar.
Da es sich bei Feuchtgebiete um alles andere als Alltagsbrei handelt, vergehen die 109 Minuten wie im Fluge. Wenn man also einen gehobenen Ekelfaktor vertragen kann, gibt es keinen Grund sich dem Film zu entziehen. Die Schauspieler leisten tolle Arbeit und die Story ist bunt und gut gemischt. Das Spiel mit Helens Gegenwart, Vergangenheit und ihrem Wunschdenken, welches durcheinander eingespielt wird und den Zuschauer bei Laune hält, finde ich fantastisch und unterhaltsam.
Die Kritiken bezüglich der Diskussion „Schrott oder Kunst?“ kann ich nicht nachvollziehen. Es handelt sich hier um Begebenheiten des Alltags, mit denen sich die Menschen in ihrem stillen Kämmerlein täglich amüsieren/rumärgern. Klar ist Feuchtgebiete häufig überzeichnet, fokussiert sich hier doch alles bei einer einzigen Person, dennoch ist hier nichts vollkommen an den Haaren herbeigezogen.
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