(„Girl Most Likely“ directed by Shari Springer Berman, Robert Pulcini, 2013)
Kann es etwas Demütigenderes geben, als mit Mitte dreißig noch einmal bei den Eltern einziehen zu müssen? Oh ja, es kann. Fragt Imogene (Kristen Wiig). Die galt einmal als die nächste große Theaterautorin, landete aber aufgrund einer Schreibblockade nicht bei den Brettern, die die Welt bedeuten, sondern bei einer eher wenig bedeutenden Zeitung. Und selbst den Job verliert sie, als sie ein gefeiertes Stück verreißt. Als wäre das nicht schlimm genug, hat kurz vorher der gutaussehende Peter (Brian Petsos) ihr völlig überraschend den Laufpass gegeben. Als sie versucht, ihn durch einen fingierten Selbstmordversuch zurückzugewinnen, wird aber alles nur schlimmer: Sie landet im Krankenhaus, muss sich den Ärzten erklären und wird – nur zur Sicherheit – der Obhut ihrer Mutter Zelda (Annette Bening) übergeben.
Für Imogene ist das aus gleich drei Gründen eine Katastrophe. 1. Die Hoffnung, von ihrem Traumprinzen Peter gerettet zu werden und wieder mit ihm zusammenzukommen, gehen damit gegen Null. 2. Sie hatte sich geschworen, nie wieder etwas mit Zelda zu tun haben zu wollen, der sie bis heute die Schuld an ihrem verpfuschten Leben gibt. 3. Sie muss zurück nach Ocean City, das sie für immer hinter sich gelassen zu haben glaubte. Aber damit nicht genug, ihr Kinderzimmer bewohnt jetzt der junge Frauenheld Lee (Darren Criss), ihre Mutter vergnügt sich mit einem Mann, der sich George Bousch (Matt Dillon) nennt und von zeitreisenden Samurai faselt, und ihr Bruder Ralph (Christopher Fitzgerald) ist noch immer auf dem geistigen Stand eines Kindes. Als Imogene dann noch erfährt, dass ihre Mutter nie die Wahrheit über ihren verstorbenen Vater gesagt hat, ist der Ofen endgültig aus.
Als There Is No Place Like Home letztes Jahr in die amerikanischen Kinos kam, war das Echo der Kritiker in etwa so verheerend aus wie Imogenes Urteil über die Theaterstück. Langweilig, nervig, ohne Witz – so lautete das wenig schmeichelhafte Fazit. Und das ist schade, denn auch wenn die Komödie sicher kein Meisterwerk ist, hat sie doch zumindest zwei Stärken, die sie aus der Masse der Genrebeiträge etwas herausstechen lässt. Da wäre zum einen das gut zusammengestellte Ensemble. Kristen Wiig konnte als langjähriges Mitglied von Saturday Night Live ihr komödiantisches Gespür unter Beweis stellen. Und wenn man wie Annette Bening viermal für den Oscar nominiert war, stellt sich die Frage nach dem Talent ohnehin nicht mehr. Vor allem aber harmonieren die Schauspieler wunderbar miteinander, was bei einem Film über das menschliche Miteinander eine wichtige Voraussetzung ist.
Und auch die Figuren tragen dazu bei, dass There Is No Place Like Home zumindest etwas in Erinnerung bleibt. Sicher, der sonderliche George ist absolut übertrieben. Seine Auftritte sind aber so sparsam eingesetzt, dass er die Geduld nicht überstrapaziert und lediglich für kleine absurde Dialoge herangezogen wird. Ralph wiederum, der sich vor Jahren von den Menschen zurückgezogen hat, um nur noch mit seinen Krabben zu leben, ist für die eher rührseligen Momente zuständig. Und dieses Nebeneinander von grotesk und leise, von witzig und bewegend funktioniert richtig gut.
Dafür sind andere Elemente umso bekannter. Ob Imogene lernen muss, dass die Provinz vielleicht gar nicht so schlecht ist, sie mit Lee anbändelt, der ihr zeigt, wie sie etwas lockerer zu sein hat, oder zum Schluss sich dann doch wieder alles in einem fast kitschigen Wohlfühlende auflöst – das ist weder neu, noch sonderlich interessant. Da war das Regisseurehepaar Shari Springer Berman und Robert Pulcini, das für American Splendor viel Ruhm einheimste, schon mal deutlich weiter. Aber sei’s drum, wer Komödien mit skurrilen Figuren mag, kann ruhig einen Blick auf There Is No Place Like Home riskieren, denn sympathisch ist der Film allemal.
There Is No Place Like Home ist seit 23. Januar auf DVD und Blu-ray erhältlich
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