Der Schaum der Tage

Der Schaum der Tage

(„L’Ecume des jours“ directed by Michel Gondry, 2013)

Der Schaum der TageEigentlich geht es Colin (Romain Duris) ja gar nicht schlecht: Er hat so viel Geld, dass er nicht zu arbeiten braucht, wird jeden Tag toll von seinem Anwalt/Berater/Koch Nicolas (Omar Sy) verwöhnt, hat eine schöne Wohnung. Nur eines hat er nicht: eine Freundin. Klar freut er sich für seinen besten Freund Chick (Gad Elmaleh), als der ihm erzählt, jemanden kennengelernt zu haben. Und auch für Nicolas, der ebenso glücklich vergeben ist. Aber der einzige im Freundeskreis zu sein, der niemanden an seiner Seite weiß, das ist dann doch irgendwie doof.

Also beschließt er, das zu ändern, spricht auf einer Party die hübsche Chloé (Audrey Tautou) an und überlässt den Rest dem Schicksal. Das meint es zunächst auch gut mit ihm: Die beiden verlieben sich, werden schnell ein Paar und heiraten. Doch bald schon erkrankt Chloé schwer, die Behandlung ist schwierig und unglaublich teuer. Mehr und mehr verliert sein bisheriges Traumleben den einstigen Zauber, die Freude. Und die Farbe.

Mit Der Schaum der Tage – der Verfilmung des gleichnamigen Kultbuches von Boris Vian – meldet sich der in der letzten Zeit etwas in Vergessenheit geratene Michel Gondry eindrucksvoll zurück. Ob Aale aus dem Wasserhahn tropfen, menschliche Mäuse die Wohnung in Schuss halten oder eine Türklingel ein Eigenleben entwickelt: Was der französische Großmeister des Surrealen hier in den ersten Minuten an optischen Ideen verbrät, haben andere in zwanzig Filmen nicht. Dabei erinnert die Umsetzung an seine Musikvideos für Björk oder auch Science of Sleep; statt auf Computereffekte vertraut Gondry auf reale Gegenstände und Stop-Motion-Technik. Das wirkt altmodisch, nicht von dieser Welt und unterstützt gerade dadurch die traumhafte Atmosphäre des Films. Wer seine früheren Arbeiten kennt, weiß also schon, was ihn erwartet, der Rest darf sich auf ein verrücktes visuelles Erlebnis freuen.Der Schaum der Tage Szene 1

Nun ist Der Schaum der Tage aber kein Musikvideo, sondern ein Liebesfilm und als solcher verfehlt er sein Ziel. Schon bei Science of Sleep war es nicht immer einfach, mit den Figuren hinter der surrealen Bilderwelt fühlen zu können. Damals war das Verschrobene aber immerhin noch schlüssig, denn Stéphane und Christine waren Träumer, die mit ihren Fantastereien der grauen Realität entflohen. Bei seinem neuesten Film hingegen versucht Gondry erst gar nicht, das Paar zu Charakteren aufzubauen: Colin und Chloé sind so unpersönlich, dass sie auf menschliche Hüllen reduziert werden. Bei den witzigen Momente passen solche Leerstellen wunderbar, doch für die späteren dramatischen Momente ist das zu wenig. Karikaturen können unterhaltsam sein, keine Frage, bewegend sind sie nicht. Daran ändern auch die romantikerfahrenen Romain Duris und Audrey Tautou nicht, die schon in L’auberge espagnol und den beiden Fortsetzungen ein (Ex-)Paar spielten.

Diese emotionale Gleichgültigkeit ist vor allem deshalb verwunderlich und auch schade, weil Gondry in Vergiss mein nicht! vor zehn Jahren gezeigt hat, wie das Surreale und das Emotionale zusammen passen. Doch damals war die Vorgehensweise des Franzosen eine andere. In seinem oscarprämierten Film nutzte er zwar fleißig fantastische Elemente, ordnete die jedoch seiner Liebesgeschichte unter und schuf so zahlreiche wundervolle, mitreißende Szenen. Bei Der Schaum der Tage ist das genau anders herum, die Beziehung zwischen den beiden Protagonisten nur ein Mittel zum Zweck, um seiner unbestreitbaren visuellen Kreativität freien Lauf zu lassen.Der Schaum der Tage Szene 2

Und selbst die lässt später etwas nach. Wenn die farbenfrohen Spielereien des Einstiegs später einem tristen Grau weichen und alles um Colin beginnt, sich aufzulösen und zu verwelken, dann passt das wunderbar zum Geschehen, spannend ist das jedoch nicht. Was bleibt aber von einem Liebesfilm, dem Emotionen fehlen, richtige Charaktere und irgendwo auch die Handlung? Im Fall von Der Schaum der Tage immerhin noch die verspielt-sonderbaren Bilder. Wer für solche ein Faible hat bzw. allgemein für alles Surreale, dem sei der Film trotz seiner inhaltlichen Leere daher dringend empfohlen.

Der Schaum der Tage ist seit 13. Februar auf DVD und Blu-ray  erhältlich



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In der Romanverfilmung Der Schaum der Tage zeigt Michel Gondry, dass er noch immer wunderbare, surreale Bilder inszenieren kann. Seiner visuellen Kreativität stehen aber leider nichtssagende Charaktere und wenig Handlung gegenüber. Faszinierend ist der Liebesfilm damit zwar, aber nicht bewegend.
6
von 10