(„Pompeii“ directed by Paul W.S. Anderson, 2014)
Ist Genugtuung der Grund, ein nicht ausgelebter Sadismus, weshalb uns Katastrophenfilme so anziehen? Oder vielleicht doch, dass es immer einige wenige gibt, die dem Elend aller Unwahrscheinlichkeit zum Trotz entkommen und wir mit ihnen mitfiebern können? Was auch immer die Motivation, das groß angelegte menschliche Elend erfreut sich ungebrochener Beliebtheit – je größer, desto besser. Warum also nicht die Menschen mal von einem Vulkan unter Asche und ausgestoßenem Bimsstein begraben lassen? So erging es den Bewohnern Pompejis tatsächlich, 1500 Jahre waren verborgen vor den Augen der Welt, bis die verschüttete Stadt per Zufall entdeckt wurde.
Pompeii 3D nimmt uns mit ins Jahr der Katastrophe, 79 n. Chr., kurz bevor das Unglück losbrach. Wer den Trailer gesehen hat, der weiß bereits, dass der Ausbruch des Vesuvs stimmungsvoll, sogar richtig spektakulär in Szene gesetzt wurde. Nur kann man damit kaum einen Film ausfüllen, zumal seinerzeit praktisch niemand überlebte. Wenn schon kein danach, so musste es aber ein davor gegeben haben. Und so ließ sich das Drehbuchtrio Janet Scott Batchler, Lee Batchler und Michael Robert Johnson einiges einfallen, womit man den Zuschauer auf die Katastrophe vorbereiten kann. Und damit fangen die Probleme erst an.
Siebzehn Jahre zuvor, so die Geschichte des Historienfilms, musste der junge Milo mitansehen, wie sein ganzes Dorf, ein stolzer Reiterstamm der Kelten, bei einem Aufstand von den Römern niedergemetzelt wurde. Nur er selbst überlebte, indem er sich tot stellte. Hier kündigt sich also schon an, worauf es hinausläuft: Der letzte Nachkomme darf später den Mördern seines Volkes begegnen und sich für das Verbrechen rächen. Darauf läuft es auch hier hinaus, als der inzwischen erwachsene Milo (Kit Harington) nach Pompeji gebracht wird, um dort als Gladiator die Massen zu erfreuen. Und natürlich auch Senator Corvus (Kiefer Sutherland) und dessen Handlanger Proculus (Sasha Roiz), die als römische Gäste in Pompeji verweilen.
Dass Milo den beiden am liebsten sofort sein Messer in die Brust rammen würde, liegt aber auch daran, dass der egomanische Römer ein Auge auf Cassia (Emily Browning) geworfen hat, die Tochter eines wohlhabenden lokalen Händlers. Die wäre aber lieber mit Milo zusammen und der mit ihr. Wie aber soll ein einfacher Sklave um die Hand einer schönen, vornehmen Dame anhalten können? Und als wäre das nicht schon kompliziert genug, droht Ärger von Mithäftling Atticus (Adewale Akinnuoye-Agbaje), der in der Arena Milo töten will, um so seine eigene Freiheit zu erlangen.
Titanic trifft Gladiator trifft Centurion, dazu noch Verweise auf Der Pferdeflüsterer, das ist schon ein bisschen viel Stoff für einen Film. Das wäre ja an und für sich nicht so schlimm, wenn die Mischung stimmen würde. Oder wenigstens die Einzelteile. Leider schafft es Pompeii 3D aber zu keiner Zeit, auch nur ansatzweise interessante Ideen zu entwickeln. Ob Figuren, Dialoge oder Handlungen, hier wird an jeder Ecke eine neue Klischeesau durch die dreckigen Straßen Pompejis getrieben. Die sind zugegebenermaßen recht atmosphärisch, so wie der Film immer dann überzeugt, wenn nicht gesprochen wird. Und das bedeutet im Klartext: Die Gladiatorenkämpfe machen einiges her und der Niedergang der Stadt gehört schon jetzt zu den optischen Höhepunkten des Jahres. Dass Regisseur Paul W.S. Anderson mit seinen Resident Evil-Verfilmungen und der Death Race-Reihe viel Actionerfahrung sammeln durfte, kommt seinem neuesten Streifen sichtlich zu Gute.
Bis wir aber so weit sind, heißt es warten, lange warten. Eine Stunde dauert es ungefähr, bis das Tempo mal angezogen wird. Eine Stunde voll langweiliger Figuren und durchsetzt mit Dialogen, die so lächerlich sind, so vor Pathos triefend, dass sich jede Soap Opera für sie schämen würde und der Gedanke aufploppt, Pompeii 3D wäre vielleicht doch als Satire gemeint gewesen. Das ging wohl auch dem Rest des Publikums durch den Kopf, da es sich immer seltener das Lachen verkneifen konnte. An Stellen, die eigentlich hätten dramatisch sein sollen. Das ist nicht nur für das Team dahinter bitter, sondern auch für den Zuschauer. Viel hätte es nämlich nicht gebraucht, damit Pompeii 3D annehmbares Blockbuster-Popcorn-Kino geworden wäre. Aber manchmal ist „nicht viel“ dann wohl doch auch schon „zu viel“.
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