(„Captain America: The First Avenger“ directed by Joe Johnston, 2011)
Was die können, können wir schon lange! Nachdem in den 1990ern die Einspielergebnisse der Comic-Superhelden-Verfilmungen kontinuierlich zurückgingen, waren sie ab 2000gefühlt quasi allgegenwärtig. X-Men – Der Film (2000), Spider-Man (2002), Batman Begins (2005), Superman Returns (2006) – die Liste an Blockbustern ist lang. Und so entschied sich Marvel, dass da doch deutlich mehr Geld drin sein muss, als sie durch Lizenzeinnahmen bislang verdient hatten. Und schon war die Idee geboren, die Helden der eigenen „Avenger“-Comics wiederzubeleben und selbst Filme zu produzieren.
Bevor man sie 2012 im Gipfeltreffen Marvel’s The Avengers zusammenführte, wurden sie jedoch wie auch schon bei den Comics erst einmal einzeln dem großen Publikum vorgestellt: Iron Man (2008), Der unglaubliche Hulk (2008), Iron Man 2 (2010), Thor (2011). Und zu guter Letzt eben auch Captain America, der zwar den Beinamen „The First Avenger“ trägt, jedoch als letzter der vier einen eigenen Film bekam. Hintergrund der Bezeichnung ist dann auch weniger sein Auftritt auf der Leinwand, genau genommen nicht einmal der in der Comicreihe – Captain America war erst ab Ausgabe 4 dabei. Dafür ist er deutlich älter als seine Kollegen. Während die erstmals in den 60ern in ihren Abenteuern zu sehen waren, war die Geburtsstunde des blau-weiß-roten Rächers bereits 1941.
Der Film erzählt nun diese Entstehungsgeschichte nach und hält sich dabei erstaunlich eng an das Ausgangsmaterial: Steven Rogers (Chris Evans) ist ein kleiner, schmächtiger Mann, dessen Herz aber an der richtigen Stelle schlägt. Auch wenn er aufgrund seiner wenig eindrucksvollen Statur – ganz zu schweigen wegen seines Asthmas – für kriegsuntauglich erklärt wird, versucht er immer wieder, doch noch von der Armee genommen zu werden, denn er kann nicht mitansehen, wie im Zweiten Weltkrieg ein Diktator Europa in Geiselhaft hält. Vergeblich. Erst Dr. Abraham Erskine (Stanley Tucci) ist so beeindruckt von der Hartnäckigkeit und dem Mut dieses kleinen Mannes, dass er ihm eine Chance gibt.
Genauer plant der aus Deutschland geflüchtete Wissenschaftler, dem Hänfling ein Mittel zu verpassen, welches ihm Superkräfte geben soll. Das Experiment gelingt, doch ein Spion schafft es, das restliche Serum zu zerstören. Womit dann auch der eigentliche Plan fehlschlug, eine Superarmee aufzustellen, die gegen die Nazis kämpfen soll. Also muss sich der Held alleine auf den Weg machen. Doch in der Zwischenzeit war auch die Gegenseite nicht untätig: Johann Schmidt (Hugo Weaving) und sein hauseigener Wissenschaftler Arnim Zola (Toby Jones) arbeiten an einer ultimativen Waffe, mit der die Nazi-Unterorganisation Hydra die Gegner in Luft auflösen will. Wortwörtlich.
Während der grüne Riese Hulk auch hierzulande einem breiten Publikum bekannt ist, durch seine Serie in den späten 70ern, den Film von Ang Lee und eben auch durch den Marvel-Neustart, fristete sein Rächerkollege Captain America außerhalb seines Heimatlandes immer ein eher spärliches Dasein. Kein Wunder, als er in den 40ern entworfen wurde und damals gegen Nazis kämpfte, war das, um dem Land in Kriegszeiten eine Identifikationsfigur zu geben. Außerhalb dieses Kontexts funktionierte der recht platte Patriotismus dann aber weniger.
Im Film hält sich der – vom Namen und dem albernen Kostüm einmal abgesehen – aber angenehm in Grenzen. Zwischendurch versucht Regisseur Joe Johnston (Jumanji, Jurassic Park 3) sogar, eben diesen Patriotismus auf die Schippe zu nehmen, allerdings behutsam, so wie der gesamte Film niemandem wirklich weh tun möchte. Das ist dann auch der größte Vorwurf, den man dem Streifen machen kann: Er ist ein bisschen zu glatt, zu gewöhnlich.
Die erste Hälfte ist dabei noch die unterhaltsamere. Mit seiner Mischung aus alternativer Vergangenheit, Fantasy und Science Fiction, garniert mit Humor, erinnert Captain America: The First Avenger an selige Indiana Jones-Zeiten. Die Actionszenen sind flott und makellos, die Effekte gehen auch in Ordnung. Und den Hünen Chris Evans anfangs digital zusammengeschrumpft zu sehen, ist ohnehin witzig. Nur fehlt eben etwas, das den Film im Vergleich zu seinen zahlreichen Kollegen hervorstechen ließe – von der zunehmend absurden Geschichte einmal abgesehen. Ein solider, etwas altmodischer Blockbuster ohne große Ambitionen, mehr ist der erste Ausflug des amerikanischen Rächers nicht. Und mehr will er wohl auch gar nicht sein.
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