(„To Play the King“ directed by Paul Seed, 1993)
Der König ist tot, lang lebe der Premierminister! So oder ähnlich könnte das Motto von Francis Urquhart (Ian Richardson) lautet. Lange hat er auf dieses Ziel hingearbeitet, mit regulären Mitteln, einigen moralisch sicher fragwürdigen Kampagnen und auch Maßnahmen, die unfragwürdig illegal waren. Doch das interessiert FU, wie er von jedem nur genannt wird, herzlich wenig. Er ist das gewählte Oberhaupt des Vereinigten Königreiches und nutzt seine Macht, um das Land nach seinen Vorstellungen zu formen. Das bedeutet vor allem: raus aus dem Wohlfahrtsstaat, das Geld soll den Starken und Leistungsfähigen gehören. Wirtschaftlich ist er damit auch erfolgreich, das Land hat den Schuldenkurs verlassen und ist auf Wachstumspfad. Nur: Wachsen tun vor allem die Geldbeutel der Privilegierten, nie war die Schere zwischen arm und reich so hoch wie unter ihm.
Und das ist dem neuen König (Michael Kitchen) ein Dorn im Auge. Wenn es nach Urquhart ginge, bestünde die Aufgabe eines jeden Monarchen nur, in die Kamera zu lächeln und dem Volk nett zuzuwinken. Aber doch um Himmels willen nicht zu sprechen, vor allem nicht zu widersprechen. Und genau das Ihre Majestät. Mehrfach. Öffentlich. In immer neuen Ansprachen kritisiert der König die Regierungsarbeit und bringt damit den Premier Minister in Bedrängnis. Doch wer FU kennt, weiß dass der sich das nicht lange gefallen lässt. Schmutzige Intrigen, Erpressung, Drohungen – bei der Wahl seiner Methoden ist der Premierminister nicht zimperlich, bald schon starrt das ganze Land gebannt auf den offenen Schlagabtausch zwischen Königshaus und Regierung.
Eigentlich hätte diese Fortsetzung nie geben dürfen. Als Michael Dobbs 1989 seinen Roman „House of Cards“ veröffentlichte, hatte er ein weniger erfolgreiches Ende für seinen Protagonisten im Sinn. Konfrontiert mit seinen Schandtaten beging Francis Urquhart im Buch Selbstmord. Als die BBC ein Jahr später die Geschichte verfilmte, beschloss sie diesen Punkt zu ignorieren, statt eines Platzes auf dem Friedhof wartete in der Fernsehserie der Posten des Regierungschefs auf den Intriganten. Und als hätte es die BBC geahnt, wurde House of Cards zu einem vollen Erfolg für den britischen Fernsehsender.
Niemand dürfte davon überraschter gewesen sein als Dobbs selbst, der daraufhin selbst zwei weitere Urquhart-Romane schrieb, so als hätte es seinen Erstling nie gegeben. Ausverkauf? Schon irgendwie. Für Fans war das aber ein Grund zur Freude. Und für die BBC auch, hatte sie mit Buch Nummer zwei „To Play the King“ nun noch Material für eine zweite Staffel bekommen. Auf den ersten Blick hat sich auch nicht viel geändert in den drei Jahren, die zwischen den Mini-Serien liegen. Noch immer geht der vornehme ältere Herr über Leichen, noch immer redet er direkt mit der Kamera, noch immer hat er eine Schwäche für kluge junge Damen; was im ersten Teil die Journalistin Mattie Storin war, ist bei der Fortsetzung die Meinungsforscherin Sarah Harding (Kitty Aldridge).
Ein bisschen leidet der Nachfolger auch darunter, dass einem viel sehr bekannt vorkommt. Und doch gibt es Unterschiede, wer genauer hinschaut. Größte Neuerung ist, dass er es diesmal mit einem ebenbürtigen Gegner zu tun bekommt. Waren ihm in Staffel eins seine Widersacher mehr oder weniger hilflos ausgeliefert, bleibt hier bis zum Ende offen, wer den Kampf gewinnen wird: Urquhart oder der namenlose König. Dadurch setzt die Spannungskurve in der Fortsetzung gleich deutlich höher an, mehr als zuvor ist To Play the King im Thrillergenre anzuordnen.
Damit einher geht jedoch auch eine auffallende Ernsthaftigkeit. Soziale Ungerechtigkeiten, Rassenprobleme, Diskriminierung von Homosexuellen – hier werden eine ganze Reihe von gesellschaftlich relevanten Themen angepackt. Im Gegenzug wurden die satirischen Elemente stark zurückgefahren, die witzigen Rattenaufnahmen ganz gestrichen. Und das hat zur Folge, dass die Fortsetzung insgesamt weniger „Spaß“ macht. Der bestand bei der ersten Staffel maßgeblich auch darin, dass ein wohl angesehener Elder Statesman im Geheimen alle gegeneinander ausspielt, ohne dass jemand etwas ahnt – nicht einmal seine Gegner. Das wird hier nicht versucht, Urquhart wird hier von jedem gleich als das angesehen, was er insgeheim ist: ein skrupelloser, selbstbezogener Machtmensch.
Unterhaltsam ist House of Cards – Die komplette zweite Mini-Serie dennoch; allein schon für die ersten gemeinsamen Szenen, wenn Richardson beim Gespräch mit dem König das Gesicht entgleist, lohnte sich das Umschreiben von Urquharts Schicksal. Und so darf man gespannt sein, was in der dritten Staffel passiert, die hierzulande jedoch leider erst für den Sommer angekündigt ist.
House of Cards – Die komplette zweite Mini-Serie ist seit 25. März auf DVD und Blu-ray erhältlich
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