(„Rush“ directed by Ron Howard, 2013)
Der eine ein gewissenhafter, kühler Analytiker, der andere ein leidenschaftlicher Lebemann – was könnten die schon gemeinsam haben? So einiges, wie sich rausstellt. Sowohl der Österreicher Niki Lauda (Daniel Brühl) als auch der Engländer James Hunt (Chris Hemsworth) kommen eigentlich aus gutem Hause und sind – so die Hoffnung der Väter – für höhere Berufungen prädestiniert. Davon will aber weder der eine, noch der andere was wissen und so widmen sich die Rebellen lieber dem Rennsport. Dafür waren sie dort umso erfolgreicher, beide zählten in den 70ern zu den besten Fahrern der Welt. Ein Grund dafür war, laut Rush – Alles für den Sieg zumindest, eben diese Unterschiedlichkeit. Dass zwei so grundverschiedene Typen auch abseits der Rennbahn schnell aneinandergeraten, ist klar. Der unbedingte Wille, besser als der andere zu sein, ist es dann, der die beiden zu Hochleistungen antreibt.
Dafür nimmt sich Regisseur Ron Howard (Apollo 13, A Beautiful Mind) viel Zeit, beginnt beim ersten, nicht sehr netten Aufeinandertreffen der beiden, folgt ihren jeweiligen Aufstiegen zum Formel-1-Superstar und beleuchtet dabei ihr schwieriges Verhältnis zueinander. Und auch die Frauen der hitzigen Alphamachos bekommen ihren Platz im Spotlight: Hunt ist mit dem bekannten Model Suzy Miller (Olivia Wilde) liiert, Lauda führt eine solide Ehe mit Marlene Knaus (Alexandra Maria Lara). Doch die Partnerinnern sind mehr Mittel zum Zweck, dienen eher dazu, ihre Männer stärker zu charakterisieren.
Überraschend nebensächlich sind auch die eigentlichen Rennszenen. Wer den Film allein für die Action auf dem Asphalt schauen will, ein neues Tage des Donners oder so erwartet, wird nur teilweise glücklich. Natürlich bekommen wir auch Ausschnitte von Rennen zu sehen und die haben es auch wirklich in sich. Vor allem das spektakuläre Finale ist rasant in Szene gesetzt und geradezu nervenzerreibend. Doch der Fokus liegt auf den Charakteren. Und das liefert den beiden Hauptdarstellern die Möglichkeit, selbst Höchstleistungen zu zeigen.
Sonnyboy Chris Hemsworth ist hierzulande vor allem für seine Auftritte als Marvel-Held Thor bekannt, eventuell auch für den Kulthorror The Cabin in the Woods. Hier dürfen Kritiker, die in ihm nur einen weiteren Sixpack-Schönling sehen wollen, feststellen, dass er durchaus das Zeug zum Charakterdarsteller hat. Und der Deutsch-Spanier Daniel Brühl, der in den letzten Jahren immer häufiger in Hollywood-Produktionen zu sehen war (Inglourious Basterds, Inside Wikileaks) liefert den Beweis, dass einer internationalen Karriere zumindest auf der Talentseite nichts im Wege steht. Auch wenn das mit der Oscarnominierung nicht ganz geklappt hat, bei den Golden Globes auf der Liste zu stehen, muss man auch erst einmal schaffen. Apropos Schauspieler: Lohnenswert ist der Film übrigens vor allem im Original, wenn mal Deutsch, mal Englisch gesprochen wird, der Australier Hemsworth wie ein Brite spricht und Brühl einen starken österreichischen Akzent einbaut.
Ein bisschen übertrieben ist Rush – Alles für den Sieg schon, ganz so heftig waren die Rivalitäten zwischen Hunt und Lauda im wahren Leben wohl nicht. Auch an anderen Stellen nahm man sich zwecks Dramaturgie die eine oder andere inhaltliche Freiheit heraus. Mit der Erwartung, eine Dokumentation zu sehen, sollte man daher nicht an das Gezeigte gehen. In erster Linie will der Film unterhalten, nur in zweiter informieren. Und das ist Howard richtig gut geglückt. Das psychologisch stimmige Drama ist glaubwürdig, später sehr spannend und ganz nebenbei dürfen wir auch mehr über eine Zeit erfahren, als Sicherheitsüberlegungen in der Formel 1 noch ein Fremdwort war, der Kampf rauer, persönlicher und dein Auftritt auf der Rennstrecke jederzeit dein letzter sein konnte.
(Anzeige)