(„The Iran Job“ directed by Till Schauder, 2012)
Alkohol ist streng verboten, so wie alles, das Spaß macht. Die Frauen sind komplett vermummt, man reitet auf einem Kamel zur Arbeit und irgendwo unter dem Wüstensand haben die religiösen Fanatiker eine Atombombe versteckt. Wenn man nach dem Iran gefragt wird, fallen einem zunächst die ganzen Klischees und Stereotypen ein. Kein Wunder, ein Land, das sich vergleichbar stark gegen den Westen abschottet und eine wunderbare Zielscheibe für politische Hardliner abgibt, wen interessieren da schon Details und tiefere Einblicke?
Auch bei Kevin Sheppard reichen die Kenntnisse des Landes kaum über das hinaus, was einem mit Hilfe der Medien zugetragen wird. Noch. Denn anders als ein Großteil seiner Mitbürger bekommt der Amerikaner tatsächlich die Gelegenheit, Land und Leute kennenzulernen. Für eine Karriere in der großen NBA-Liga hat es zwar nicht gereicht, doch dafür gibt es in anderen Ländern genug Trainer, die händeringend Verstärkung für ihre Basketballteams suchen. Und so eben auch der Iran.
Gerade ist der Verein A.S.Shiraz in die iranische Profiliga aufgestiegen und hat es fortan mit echten sportlichen Schwergewichten zu tun, da kommt den Jungs der großgewachsene Afro-Amerikaner gerade recht. Als einer von zwei ausländischen Mitspielern – mehr sind pro Team nicht erlaubt – soll er das Unmögliche wahr machen, und den Verein direkt in die Playoffs bringen, was zuvor noch niemandem gelungen ist.
Soweit gleicht Der Iran Job noch anderen Sportdokumentation oder auch Spielfilmen. Wir sehen die üblichen Szenen aus Kabine oder während der Matches, Traineransprachen und gezielt ausgepickte dramatische Momente der Saison. Inszeniert wird das Ganze wie im Fernsehen, vor jedem Spiel wird eine Tabelle mit dem aktuellen Platz und einem Kommentar, wie unglaublich wichtig das nun folgende Spiel ist. Würde sich die Dokumentation darauf beschränken, sie wäre nur eine von so vielen Underdog-Geschichten über eine Sporttruppe, die über sich hinauswachsen muss.
Doch das wirklich Interessante spielt sich abseits vom Spielfeld ab, wenn Sheppard auf die Bevölkerung trifft. Anfangs noch voller Unverständnis – wie, hier gibt’s kein Bier an der Tankstelle? – wachsen ihm langsam Land und Leute ans Herz und er entdeckt, dass nicht alle Menschen dem entsprechen, was er erwartet hat oder auch dem offiziellen Bild zustimmen, wie es von den Oberen vermittelt wird.
Neben seinen Teamkollegen sind es vor allem drei Frauen, mit denen er sich anfreundet und so auch mehr über die Geschlechtertrennung und die absurden Vorschriften des Landes erfährt. Ob sie gerne ein Kopftuch tragen? Nein, natürlich nicht. Mehr Freiheit, mehr Selbstbestimmung, die Frauen wissen durchaus, was sie wollen, gleichzeitig aber auch, dass an ihrem Schicksal nur wenig geändert werden kann. Doch verlassen wollen sie den Iran nicht, denn trotz allem ist es immer noch ihre Heimat. So ganz nebenbei wird der Sportfilm dann auch zu einem Beitrag über die Rolle der Frau in dem streng religiösen Land.
Nicht immer passt das ganz zusammen, der Sport, das Persönliche und das Politische. Wenn die Saison gleich mit zwei großen Zäsuren zusammenfällt – der Amtsantritt von Barrack Obama und die blutigen Aufstände nach der Präsidentschaftswahl im Iran – ist das natürlich ein idealer Aufhänger für grundsätzliche Auseinandersetzungen und Hoffnungen. Doch wie so vieles ist auch das hier nur ein Randthema, von dem man ganz gerne mehr gehört hätte. Wer nicht mit dem Anspruch daran geht, umfassend zu bestimmten Aspekten informiert zu werden, findet jedoch einen spannenden, kaleidoskopischen Einblick in ein bekanntes und gleichzeitig sehr fremdes Land.
Der Iran Job ist seit 16. Mai auf DVD erhältlich
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