Edge of Tomorrow

Edge of Tomorrow

(„Edge of Tomorrow“ directed by Doug Liman, 2014)

Edge of TomorrowNein, dass er sich nicht genug für Volk und Vaterland eingesetzt hat, kann man Major Bill Cage (Tom Cruise) nur schwer zum Vorwurf machen. Schließlich hat er mit seiner Kampagne entscheidend dazu beigetragen, dass sich viele Tausende Menschen freiwillig gemeldet haben, um gegen die Außerirdischen zu kämpfen. Ein Kriegsheld, also? Ja, theoretisch. Mit der Praxis hat er es allerdings nicht so. Aus diesem Grund lehnt er auch die Aufforderung von General Brigham (Brendan Gleeson) höflich, aber bestimmt ab, selbst einer Einsatzgruppe beizutreten. Woraufhin der General ihn ebenso bestimmt als Deserteur verhaften lässt und gegen seinen Willen bei der Armee unterbringt. Dort nimmt ihn daraufhin Master Sergeant Farell (Bill Paxton) unter seine Fittiche. Gebracht hat das nicht viel, Cage stirbt schon bei seinem ersten Kampf.

Während manche Geschichten auf diese Weise enden, fängt es hier erst richtig an: Der Gefreite wacht nämlich am Tag zuvor wieder auf, erlebt noch einmal genau dieselben Stunden. Und stirbt. Wieder. Und wieder. Und wieder. Während Cage in dieser Endlosschleife gefangen ist und seine Kampffähigkeiten immer weiter verbessert, stellt er fest, dass Rita Vrataski (Emily Blunt) von den Special Forces früher auch einmal die Gabe der täglichen Wiedergeburt hatte. Zusammen suchen sie nach einer Möglichkeit, die verheerende Schlacht zu ihren Gunsten zu wenden und doch noch die Außerirdischen zu vertreiben.

Nicht verzagen, Tommy fragen. Allgemein ist Cruise kein Fremder im Science-Fiction-Genre. Und speziell was die Abwehr extraterrestrischer Aggressoren angeht, macht dem Schauspieler kaum einer was vor, durfte er sich doch im Remake Krieg der Welten und zuletzt in Oblivion mit dem Thema der Aliendefensive auseinandersetzen. Doch trotz identischen Genres und einer einer ähnlichen Ausgangslage, unterschiedlicher könnten seine letzten beiden Filme nicht sein.Edge of Tomorrow Szene 1

Das zeigt sich bereits in der Grundstimmung der beiden Streifen. War Oblivion ein sehr ruhiger, geradezu melancholischer Film über den Verlust der eigenen Vergangenheit, kommt bei Edge of Tomorrow der Humor nicht zu kurz. Ein flotter Spruch sitzt immer auf den Lippen, auch die Zeitschlaufethematik führt immer mal wieder zu witzigen Momenten. Das geht so weit, dass es gar nicht so viel gebraucht hätte und Edge of Tomorrow wäre auch als Sci-Fi-Komödie durchgegangen.

Aber auch der Actionanteil wurde deutlich erhöht. Wirklich bedeutsam waren die entsprechenden Sequenzen beim letztjährigen Beitrag ja nicht, eher ein Fremdkörper, der wohl sicherstellen sollte, dass der krawallgewohnte Zuschauer sich nicht zu sehr langweilt. Das ist hier kein Problem: Der Kampf mit den Aliens steht eindeutig im Mittelpunkt, fast der gesamte Film besteht aus Kampfszenen oder den Überlegungen, wie man den Invasoren so richtig eins auf die Mütze geben kann. Anfangs noch unbeholfener Ballast in einem viel zu großen Kampfanzug, metzelt sich der unfreiwillige Soldat badassmäßig durch die Gegnerreihen.

Unterhaltsamer, actionreicher – beides trifft auf Edge of Tomorrow zu. Aber ist er auch besser? Das ist schon schwieriger zu beantworten. Durch den starken Fokus auf Humor und die Möglichkeit, den Angriff auf die Aliens jeden Tag neu und anders zu starten, will sich keine wirkliche Spannung aufbauen. Hier bleibt alles ohne Konsequenzen, wie in einem Videospiel wird der Level einfach neu gestartet, wenn der Gegner nicht besiegt wurde. An dem Schicksal irgendwie teilzuhaben und mitzufiebern wird dadurch natürlich erschwert.

Auch bei der Optik fällt das Urteil gemischt aus. Noch einmal 50 Millionen teurer soll Edge of Tomorrow im Vergleich zum bereits nicht bescheidenen Oblivion gewesen sein, viel zu sehen bekommt man dafür aber nicht. Die seltsamen Tentakelwesen machen schon einiges her, sind aber auffallend kamerascheu. Die einfachen Kulissen bleiben – bedingt durch die Zeitschleife – die meiste Zeit über dieselben. Und auch wenn die Kampfmaschinen nett anzuschauen sind und es ständig rumst und kracht, fürs Auge wurde letztes Jahr eindeutig mehr geboten.Edge of Tomorrow Szene 2

Doch das Hauptproblem ist die Geschichte an sich, die auf dem Roman „All You Need Is Kill“ von Hiroshi Sakurazaka basiert. Dass die Erklärungen eher dürftig sind und der Film später komplett das Konzept der Plausibilität über Bord wirft, darüber kann man noch hinwegsehen – schließlich will Edge of Tomorrow nicht groß mit Handlung oder Aussagen punkten. Schlimmer aber ist die komplette Vorhersehbarkeit. Nicht nur Bill Cage, auch den Zuschauer beschleicht schnell das Gefühl, das alles doch schon einmal gesehen zu haben.

Sicher sind Zeitschleifen immer wieder lustig, von der anfänglichen Verwirrung des Protagonisten bis zur Konfrontation des verdutzten Umfeldes. Aber abgesehen davon, dass Edge of Tomorrow das Prinzip von Und täglich grüßt das Murmeltier auf das Action-Sci-Fi-Genre überträgt, verpasst es der neue Film von Doug Liman (Die Bourne Identität, Mr. & Mrs. Smith), auch nur irgendwo eine eigene Identität aufzubauen. Witze, Kampfszenen, ja selbst die obligatorische Romanze, alles gut, alles bekannt, alles bewährt. Natürlich muss, kann und will nicht jeder Film wirklich etwas Neues bieten. Insofern geht der gut präsentierte, unterhaltsame Sommerblockbuster auch in Ordnung. Viel bleibt deshalb nicht zurück, dafür sind die knapp zwei Stunden erstaunlich schnell vorbei.



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Ohne große Ambitionen oder Originalität überträgt "Edge of Tomorrow" das bekannte Zeitschleifenprinzip auf das Science-Fiction-Genre. Übermäßig spannend ist das nicht, dafür aber unterhaltsam, oft witzig und actionreich.
6
von 10