(„Grand Piano“ directed by Eugenio Mira, 2013)
Terrorist? Oder vielleicht doch „nur“ ein Menschenfeind? So oder so, nett ist es nicht gerade, einem Flugzeug den Absturz wünschen. Und ein wenig seltsam auch, wenn der Betreffende selbst an Bord ist. Aber wenn es eine Sache gibt, vor der Tom Selznick (Elijah Wood) mehr Angst hat als dem Tod, dann ist es die Vorstellung, wieder auf einer Bühne zu stehen. Fünf Jahre hatte sich der Starpianist aus dem Rampenlicht zurückgezogen seit seinem gescheiterten Versuch das „Unspielbare Stück“ seines Mentors Patrick Godureaux bei einem Konzert vorzuführen. Doch trotz der langen Abstinenz, geringer ist sein Lampenfieber in der Zeit nicht geworden.
Als zu Ehren des mittlerweile verstorbenen Godureaux ein großes Konzert organisiert wird und Tom auch noch eben jenes Piano seines alten Meisters spielen soll, an dem er bei seinem damaligen Blackout saß – groß ist die Begeisterung da nicht. Wäre da nicht sein Pflichtgefühl und das sanfte, aber bestimmte Zureden seiner Frau Emma (Kerry Bishe), hätte das mit dem Comeback ruhig noch warten können. Und als wäre es nicht schon schlimm genug, wieder vor Hunderten auftreten zu müssen, zwingt ihn ein Unbekannter (John Cusack), das „Unspielbare Stück“ aufzuführen. Das ist schon unter normalen Bedingungen der Alptraum jedes Musikers. Erfährst du dann auch noch, dass während deines Auftritts eine Waffe auf dich gerichtet ist und du bei der ersten falschen Note tot bist, ist der Druck im wahrsten Sinne mörderisch.
Eine Schwäche für Thriller mit ungewöhnlichen Schauplätzen scheint der Spanier Rodrigo Cortés ja schon zu haben. In Buried ließ er einen Film fast ausschließlich in einem hölzernen Sarg spielen, hier ist es dann eine Konzertbühne. Kein Wunder also, dass er Grand Piano als Produzent zur Seite stand, auch wenn er diesmal den Regiestuhl seinem Landsmann Eugenio Mira (The Birthday, Agnosia – Das dunkle Geheimnis) überließ. Doch auch der wusste, aus dem Stoff eine Menge herauszuholen. Mit der prächtigen Ausstattung, den tollen Bildern und geschickten Kamerafahrten wird dem Auge einiges geboten, Freunde klassischer Musik werden ohnehin ihre Freude haben – während Tom sein Leben zu retten versucht, spielt ein richtiges Orchester.
Die Geschichte von Damien Chazelle (Whiplash) ist dagegen eine zwiespältige Sache. Auf der einen Seite liefert sie den Beweis, dass es sie doch noch gibt, die neuen Ideen im Thrillergenre. Und spannend ist Grand Piano – Symphonie der Angst ohnehin. Das Perfide am spanischen Film ist nicht nur, dass Tom um sein Leben und das seiner Frau spielen muss, sondern dass dies in einem vollbesetzten Saal passiert. Hunderte Menschen sind um ihn herum. Um Hilfe rufen ist nicht, einfach nicht spielen oder davonlaufen bringt genauso wenig – in diesen Fällen darf er sich von dieser Welt verabschieden. Wenn Tom den Unbekannten aufhalten will, dann muss er das von der Bühne aus machen, ohne dass der Andere das sieht. Das ist schwierig wenn man weder weiß, wer eigentlich der Killer ist, noch was er mit dem Ganzen beabsichtigt, denn das wird erst spät verraten.
Aber eben diese Aufklärung ist dann doch ziemlich enttäuschend. Um den Film genießen zu können, muss man darüber hinweg sehen können, dass schon die Grundidee völlig unglaubwürdig ist und vieles selbst nach den 90 Minuten Spielzeit im Dunkeln bleibt. Bis dahin ist der spanische Thriller aber ein packendes Psychoduell, das vor allem von Elijah Wood lebt. Dass er ein Talent für nervlich kaputte Figuren hat, durfte er uns unlängst schon in Alexandre Ajas Maniac zeigen, bei Grand Piano – Symphonie der Angst macht darüber hinaus aber auch am Klavier eine überraschend gute Figur.
Grand Piano – Symphonie der Angst erscheint am 8. Mai auf DVD und Blu-ray
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