(„Tokarev“ directed Paco Cabezas, 2014)
Viele Jahre ist Paul Maguire (Nicolas Cage) schon raus aus dem Geschäft. Skrupel? Die hatte er nie viel gehabt. Seitdem er aber mit seinen beiden Kumpanen Kane (Max Ryan) und Doherty (Michael McGrady) einen russischen Geldboten überfallen hat, ist es vorbei mit den kriminellen Machenschaften. Ein ruhiges, solides Leben hat er sich aufgebaut, wohnt in einem tollen Haus, ist mit der schönen Vanessa (Rachel Nichols) verheiratet, die Beziehung zu seiner 15-jährigen Tochter Caitlin (Aubrey Peeples) ist blendend.
Doch so sehr er auch daran glauben möchte, kürzer sind die Schatten der Vergangenheit nicht geworden. Als Caitlin eines Nachts entführt und später tot aufgefunden wird, scheinen seine früheren Verbrechen ein unschuldiges Opfer gefordert zu haben. Und so sehr ihn andere auch beknien – sein ehemaliger Bandenboss O’Connell (Peter Stormare), der mitfühlende Detective St. John (Danny Glover) – dieses Opfer muss gesühnt werden, bis immer mehr Menschen in diesen Strudel der Gewalt gezogen werden.
Jüngere Zuschauer werden sich vielleicht nicht mehr daran erinnern, aber es gab eine Zeit, in der Nicolas Cage tatsächlich als Charakterdarsteller bekannt war und in einer Reihe hoch gelobter Filme mitspielte. Die 80er-Jahre-Komödien Peggy Sue hat geheiratet und Mondsüchtig waren für mehrere Oscars nominiert, 1996 erhielt Cage im Trinkerdrama Leaving Las Vegas sogar selbst die Trophäe als bester Darsteller. Davon ist mittlerweile nur noch wenig übrig geblieben. Sicher, mit The Rock – Fels der Entscheidung, Con Air, Face/Off – Im Körper des Feindes und Nur noch 60 Sekunden zeigte er schon zu Hochzeiten ein Faible für Blockbuster-Actionfilme. Doch bei so manchem Beitrag in der letzten Zeit fragt man sich schon, ob er ihn auch dann gedreht hätte, wenn nicht diese lästigen Steuerschulden und der damit verbundene Zwang zum Geldverdienen wäre.
Und auch bei Tokarev – Die Vergangenheit stirbt niemals liegt der Verdacht nahe, dass der Mime nicht mit Begeisterung bei der Sache ist. Natürlich war seine Figur Paul schon im Drehbuch als harter Hund angelegt, der seine Gefühle lieber im Inneren aufbewahrt. Wenn die Folge aber ein Gesichtsausdruck ist, den eine Überdosis Botox nicht lebloser hinbekommen hätte, fehlt es dann doch ein wenig an Projektionsfläche. Da helfen auch die Gefühlsausbrüche zum Ende des Films nicht, die im Ausgleich schon wieder so over the top sind, dass man meinen könnte, beim Zappen versehentlich eine Telenova mit Laiendarstellern erwischt zu haben. Da ist Stereo, bei dem ebenfalls ein Aussteiger von seiner Vergangenheit eingeholt wird, ausgerechnet ein deutscher Film deutlich spannender und interessanter geworden.
Dass den Figuren jegliche Tiefe fehlt und existenziell gemeinte Sinnsprüche effektlos verpuffen, ist aber nur zum Teil die Schuld der Darsteller. Schließlich ist auch der beste Schauspieler immer davon abhängig, dass er Dialoge an die Hand bekommt, denen er Leben einhauchen darf. Und genau die sind hier oft so belanglos, dass man sie schon vor dem Satzende wieder vergessen hat. Wenn überhaupt Sprachfetzen in Erinnerung bleiben, dann nur weil man sich gerade schamlos im Pathos gesuhlt hat.
Während die Drehbuchautoren Jim Agnew und Sean Keller sich bei den Charakteren also nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert haben, bei der Geschichte muss man ihnen schon den Versuch zur Eigenständigkeit zugute halten. Auch als Zuschauer tappt man weit länger als sonst im Dunkeln, was denn da nun wirklich vorgefallen ist. Ganz glaubhaft ist die Auflösung zwar nicht, aber zumindest überraschend – und das ist in dem Genre nun wirklich keine Selbstverständlichkeit.
Dafür ging man bei der Inszenierung keine großen Experimente ein, wenn Tokarev – Die Vergangenheit stirbt niemals hier durch etwas punktet, dann ist es seine Routiniertheit. Da dürfen bei Verfolgungsjagden Autos in die Luft fliegen, Faust, Messer und Schusswaffen kommen immer öfter zum Einsatz, gefoltert und getötet wird am laufenden Band, ohne dass es die Polizei großartig interessieren würde. Warum auch, wenn hier reihenweise Drogendealer und andere Verbrecher von der Straße verschwinden, kann ja niemand ernsthaft was dagegen haben. Das wird Zyniker und Actionfans gleichermaßen freuen, die es sicherlich schlechter treffen könnte, als den Film hier anzuschauen. Alle anderen erwartet ein Actionstreifen, der trotz einiger Ansätze zu wenig dafür tut, um aus dem breiten Mittelfeld irgendwie auszubrechen.
(Anzeige)