(„Dark Shadows“ directed by Tim Burton, 2012)
Darsteller: Johnny Depp und Helena Bonham Carter – check. Musik: Danny Elfman – check. Schräge Charaktere – check. Fantasievolle, wenn auch leicht morbide Bilder – check. Alles klar, ein Film von Tim Burton. Nur eine Frage bleibt noch zu klären: Ist Dark Shadows auch ein guter Burton-Film?
3 Engel für Charlie, Starsky & Hutch, Miami Vice oder auch das A-Team – wann auch immer Hollywood die Ideen für neue Stoffe ausgehen, stöbern sie im reichhaltigen Fundus alter, beliebter TV-Serien. Was manchmal zum Kassenschlager wird (siehe Mission: Impossible), manchmal zur Katastrophe (Mit Schirm, Charme & Melone). Denn so einfach, wie es sich anhört, sind Serienverfilmungen dann doch nicht. Schließlich müssen sie das Kunststück schaffen, den Charme der Vorlage einzufangen und dabei heil in die Gegenwart zu übersetzen. Dieses Problem hat Dark Shadows nicht. Zum einen, weil die Vorlage – eine Soap Opera aus den späten 60ern – hierzulande kaum einer kennen dürfte. Und in der Neuzeit spielt der Film auch nicht.
Worum also geht es? Um Barnabas Collins (Johnny Depp), ein englischer Einwanderer in Amerika in den 1760ern, erfolgreich, kultiviert und gut aussehend. Vermutlich zu gut aussehend, denn sonst hätte sich Angelique Bouchard (Eva Green) nicht unsterblich in ihn verliebt. Und unsterblich ist in diesem Fall leider wörtlich zu nehmen, denn Bouchard ist eine Hexe. Eine richtige Hexe, wohlgemerkt, also mit Magie, Flüchen und einer ausgesprochenen Resistenz gegen natürliche Tode. Doch während die Dame überaus begabt darin ist, Häuser in Brand zu setzen oder Statuen zum Leben zu erwecken – ein Zaubertrick gelingt ihr einfach nicht: das Herz von Barnabas zu gewinnen.
Und wer meinte, dass schon die Rache von „normalen“ Frauen grausam ist, der ist Madame Bouchard noch nicht begegnet. Statt sich ihrem Schicksal zu fügen, bringt die kurzerhand Barnabas’ Eltern um, verwandelt ihn in einen Vampir und lässt ihn lebendig begraben. Und das wäre er wohl heute noch, wäre er nicht durch einen Zufall im Jahre 1972 frei gekommen. Was dann auch die beiden Hauptthemen des Filmes sind: auf der einen Seite der fortwährende Kampf zwischen dem Lebemann und der verschmähten Frau, denn auch die Hexe erfreut sich knapp 200 Jahre später bester Gesundheit. Auf der anderen Seite Barnabas’ Versuch, sich als Mann des 18. Jahrhunderts in der Gegenwart zurechtzufinden – was immer für ein paar Lacher gut ist.
Insgesamt ist Dark Shadows deshalb auch eher im Komödienbereich anzusiedeln. Mit Horror hat der Film hingegen trotz der gewohnt fantastischen und düsteren Ausstattung weniger zu tun. Aber das muss ja kein Fehler sein. Was aber eindeutig weniger gut gelungen ist, sind die Figuren. War Burton vor allem in seinen Anfangsjahren geradezu bekannt für seine Liebe zu Außenseitern – Edward mit den Scherenhänden, Ed Wood oder Nightmare Before Christmas – ist davon in Dark Shadows kaum etwas zu spüren. Oder überhaupt so etwas wie Persönlichkeit. Dafür ist nicht nur Barnabas, sondern auch der Rest des Collins-Clans dann doch zu blutleer.
Dabei schart Burton ein hochkarätiges Ensemble um sich, etwa Christopher Lee oder Michelle Pfeiffer, die 20 Jahre zuvor in Burtons Batmans Rückkehr die Catwoman spielte. Und gerade der Vergleich zwischen diesen beiden Rollen zeigt, was das „Problem“ mit Burtons letztem Film ist. War Catwoman das faszinierende Porträt einer Frau, die vor lauter Schmerz und Wut zunehmend auseinanderbricht, ist Barnabas’ Nachkommin Elizabeth Collins eine zwar amüsante Matriarchin, von der wir aber nie mehr erfahren. Ebenso wenig vom Rest der Charaktere.
Wenn Dark Shadows enttäuscht, dann also weniger, weil der Film keinen Spaß macht. Das tut er, vermutlich sogar mehr als Burtons letzter Film Alice im Wunderland. Vielmehr ist Dark Shadows ein Beispiel für verschenktes Potenzial, dem – trotz des Themas – ein wenig Biss und Herzblut fehlt und der mehr hätte bieten können und müssen als harmlosen Slaptstick. Sollte es zu einer Fortsetzung kommen, so wie es das Ende andeutet, bleibt nur zu hoffen, dass sich Burton nächstes Mal weniger für das Ursprungsmaterial der Soap Opera interessiert und wieder mehr für seine Figuren. Und damit auch für seine eigenen Stärken.
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