(„Love Eternal“ directed by Brendan Muldowney, 2013)
Man kann nicht gerade behaupten, dass Ian (Robert De Hoog) sehr viele Erfahrungen mit dem Leben gesammelt hat. Er war noch ein Kind, als sein Vater starb. Anschließend zog sich der Junge komplett zurück, lebte bis ins Erwachsenenalter in seinem Zimmer. Menschliche Kontakte gab es kaum, nicht einmal seine Mutter schaffte es, zu ihm durchzudringen. Als jedoch auch diese stirbt und ihm ein Buch hinterlässt, in dem sie alles aufschrieb, was er zum Leben braucht, tritt er erstmals seit Jahren wieder vor die Haustür. Nur wie man Freude am Leben empfindet, das konnte sie ihm nie vermitteln. Zunächst sehnt er sich nach dem eigenen Tod, sucht die Nähe zu Frauen, die sich ebenfalls umbringen wollen. Oder auch schon umgebracht haben. Erst als er Naomi (Pollyana McIntosh) begegnet, spürt er, dass da vielleicht doch mehr dran ist an dieser Welt.
Eine Liebesgeschichte zwischen einem Mann und toten Frauen? Das hätte sehr schnell sehr geschmacklos werden können, vor allem da Love Eternal auf einem Roman von Kei Ôishi basiert. Und der japanische Autor schrieb nicht nur die Buchadaptionen der berühmten Ju-On-Horrorreihe, er lieferte zudem auch die Vorlage für den eigenen Genrebeitrag Apartment 1303. Doch auch wenn ein wenig Horrorästhetik immer wieder durchschimmert und das Thema gerade zur Mitte hin sehr morbide Züge annimmt, um Schocker oder aufdringliche Provokation geht es hier nicht. Stattdessen fragt der irische Film, wie wir mit dem Tod umgehen, welchen Einfluss dieser auf das Leben hat und weshalb wir überhaupt leben sollten und wollten.
Von Anfang an greift der irische Regisseur und Drehbuchautor Brendan Muldowney auf eine Mischung aus bewegender Tragik und skurriler Komik zurück, auch später gehen Weinen und Lachen oft Hand in Hand. Dabei ist Ian eigentlich so gar nicht die Figur, die zum Mitfühlen einlädt. Phlegmatisch, emotionslos, irgendwie autistisch wird er beim niederländischen Schauspieler Robert de Hoog zu einem Menschen, der immer so wirkt, als wäre nicht ganz da. Kein Teil von dieser Welt. Ist es da nicht konsequent, diese wieder verlassen zu wollen? Nicht aus Einsamkeit, Trauer, Wut oder Verzweiflung. Sondern weil er spürt, dass er als Mensch nicht funktioniert.
Aber wer tut das schon? So richtig? Zumindest stellt sich schnell der Eindruck beim letztjährigen Beitrag vom Fantasy Filmfest ein. Wirklich normal scheint hier niemand zu sein, alle haben ihre psychischen Probleme, an jeder Ecke findet sich jemand, der sein Leben hinter sich lassen will. Übertrieben ist das natürlich, aber Love Eternal – Auf ewig dein soll ja auch mehr meditative Reflexion sein, weniger konkretes Gesellschaftsporträt. Und als solche funktioniert der Film vor allem zu Beginn wunderbar. Die betörenden Bilder, die leise und doch stimmungsvolle Musik, die melancholisch-seltsame Atmosphäre – Muldowney versteht es, den Zuschauer schnell in seinen Bann zu ziehen.
Diesen unglaublichen starken Auftakt hält er jedoch nicht bis zum Ende durch. Zu unentschlossen schwankt der Film dann und weiß nicht, was er sein will. Die Geschichte über einen vom Tode besessenen Mann? Oder doch eine recht konventionelle Liebesgeschichte? Doch auch während dieser weniger interessanten Passagen findet man sie immer wieder, die wunderbar poetischen Momente – tieftraurig, grotesk oder erschreckend. Und wenn ganz zum Schluss Love Eternal wieder zu seiner anfänglichen Stärke zurückfindet – dunkel, aber nicht deprimierend, bewegend, ohne dem Kitsch zu verfallen – verzeiht man diesem kleinen, sonderbaren Film seine zwischenzeitlichen Irrwege.
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