(„Waiting for Forever“ directed by James Keach, 2010)
Genug ist genug? Nicht für Will (Tom Sturridge). Der kann warten. Ein Tag, ein paar Monate, mehrere Jahre, alles kein Problem. Selbst die Ewigkeit scheint bei ihm immer nur ein Schritt entfernt zu sein. Eigentlich ist ihm das sogar ganz recht so, denn so lange er wartet, so lange kann er hoffen, dass Emma (Rachel Bilson) seine Gefühle erwidert. Seit ihrer Kindheit sind die beiden miteinander befreundet und ohne ihre Hilfe hätte er die schwere Zeit wohl nicht überstanden nach dem Tod seiner Eltern.
Viele Jahre sind seither vergangen und der Kontakt ist schon lange eingeschlafen, zumindest von Emmas Seite aus. Will hat seine Jugendfreundin jedoch nie vergessen, reist ihr unentwegt hinterher, ohne sie jedoch jemals anzusprechen. Ihm reicht es, in derselben Stadt zu sein und ihr begegnen zu können. Davon zu träumen, ihr eines Tages seine Gefühle zu gestehen. Während er aus Angst vor Zurückweisung das klärende Gespräch scheut, erzählt er in seinem Umfeld umso mehr von seiner Liebe zu Emma – was vor allem seinen deutlich bodenständigeren Bruder Jim (Scott Mechlowicz) in den Wahnsinn treibt. Doch vielleicht hat das Warten nun ein Ende, denn wie Will aus verlässlicher Quelle weiß, ist die Angebetete auf dem Weg in die Heimat, da ihr Vater Richard (Richard Jenkins) schwer erkrankt ist.
Wann wird eine heimliche und harmlose Schwärmerei zu einer gefährlichen Obsession? Bemerkenswert offen spricht Waiting for Forever an, wie fließend die Grenzen zwischen aufrichtigem Gefühl und geistiger Erkrankung manchmal sein können. Wenn Will ohne jegliche Vorbehalte Emma verfolgt, mit seinen imaginären toten Eltern spricht und die Welt als eine einzige große Spielweise begreift, weiß man als Zuschauer nicht, ob man ihm über den Kopf streicheln oder lieber einsperren will.
Genau das ist gleichzeitig auch das Problem des amerikanischen Dramas: Es kann sich selbst nicht entscheiden. Sehr leicht hätte aus dem Stoff das bewegende Porträt eines traumatisierten jungen Mannes werden können, der nicht in der Lage ist, zwischen dem Heil seiner Fantasien und Träume und der mitunter sehr hässlichen Realität zu unterscheiden. Doch Waiting for Forever will eben auch eine richtige Romanze sein, und das bedeutet, den Titelhelden nur mit Samthandschuhen anzufassen. Warum sein Umfeld nicht eingreift und dem offensichtlich geistig verwirrten Will hilft, bleibt ein Rätsel: Sein Bruder begnügt sich mit Augenrollen, sein bester Freund bestätigt ihn sogar in seinem Vorhaben. Auch durch das überflüssige Hinzufügen weiterer dramatischer Handlungselemente – der Tod schaut mehrfach vorbei – werden die psychischen Störungen relativiert und dabei gefährlich verharmlost.
Gerettet wird der Film an dieser Stelle nur durch die engagierten Darstellungen der Schauspieler. Rachel Bilsons Leistungen gehen in Ordnung, Veteran Richard Jenkins als knarzenden Griesgram zu sehen, macht sogar Spaß. Doch die Bühne gehört Tom Sturridge, der in On the Road Carlo Marx verkörpern durfte. Wenn der Engländer in seinem karierten Schlafanzug durch die Gegend trampt, seinen Unterhalt mit Jonglieren verdient und die Kinder in seinem Umfeld erfreut, dann tut er das mit so viel entwaffnendem Charme, dass man fast über seine Psychosen hinwegsehen möchte. Aber eben auch nur fast.
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