(„Begin Again“ directed by John Carney, 2014)
So richtig viel Glück im Leben hatten die beiden in der letzten Zeit ja nicht. Die junge Musikerin Gretta (Keira Knightley) steht im Schatten ihres langjährigen Freundes Dave, der gerade seinen großen Durchbruch feiert und sein Rockerleben lieber ohne sie genießt. Plattenproduzent Dan (Mark Ruffalo) hat privat nicht minder große Probleme: Seine Exfrau Miriam (Catherine Keener) will nichts mehr mit ihm zu tun haben, und auch das Verhältnis zur gemeinsamen Tochter Violet (Hailee Steinfeld) war schon einmal besser. Darüber hinaus steht er plötzlich ohne Job da, nachdem er aus dem Label gekickt wurde, das er einst selbst gegründet hatte. Als er bei seiner Frustsauftour Gretta begegnet, sieht er darin seine Chance. Mit ihr will er der ganzen Welt beweisen, dass er noch immer ein Gespür für große Talente hat.
Zurück zu den Wurzeln: Nach einem Ausflug ins reine Komödienfach mit Zonad, kehrt hier John Carney zu dem zurück, was ihn groß gemacht hat. Schließlich zeigte der irische Regisseur und Drehbuchautor schon bei Once die verbindenden Kräfte der Musik. Wer den oscargekrönten Überraschungserfolg mochte, wird deshalb viele Gemeinsamkeiten feststellen. Da wäre neben dem großen Fokus auf die Lieder – zeitweise wird mehr gesungen als gesprochen – auch eine romantisierte, vielleicht sogar idealisierte Stimmung. Im Kontrast dazu bleibt die an und für sich naheliegende Beziehung der beiden Protagonisten auch bei Can A Song Save Your Life? nur angedeutet, mit den Mechanismen der klassischen Romanze wird gespielt, vollends angewendet werden sie nie.
Doch es gibt auch Unterschiede, und die werden bereits bei der Besetzung deutlich. Waren Markéta Irglová und Glen Hansard allenfalls in Folkkreisen ein Begriff, findet man hier mit den etablierten Schauspielern Keira Knightley, Mark Ruffalo und Catherine Keener deutlich größere Namen. Hinzu kommt Adam Levine, hauptberuflich Sänger bei Maroon 5 und Sexiest Man Alive.
Auch sonst schielte Carney dieses Mal deutlich mehr in Richtung Mainstream, was Vor- und Nachteile mit sich bringt. Positiv ist, dass sich der Ire bei seinem neuesten Film stärker für seine Handlung interessiert. War Once relativ bald eine reine Stimmungsangelegenheit, mehr impressionistisch denn erzählend, gibt es hier tatsächlich eine Geschichte, so simpel sie auch sein mag. Und auch der Humor wurde stärker herausgearbeitet, gerade das komödiantische Talent von Mark Ruffalo findet immer wieder ein dankbares Ventil.
Mit der konventionelleren Ausrichtung ging gleichzeitig aber auch das Raue verloren, das Once noch ausgezeichnet hatte. Die Handkamera wurde gegen ein professionelles Equipment ausgetauscht, der Alltag der Unterschicht gegen riesige Bühnen und kreischende Schulmädchen, spröder Folk gegen geradlinige Popnummern. Zwar versucht Carney an anderen Stellen die Magie des Alltags einzufangen, indem er Grettas Album auf den Straßen New Yorks einspielen lässt, sich so Straßenlärm, Naturrauschen und Gebrauchsgegenstände mit der Musik verbinden. Doch nur manchmal geht der Plan auf. Größtes Problem ist die mangelnde Glaubwürdigkeit. Die Rolle als verletzte Frau mag man Keira Knightley noch abnehmen, die der leidenschaftlichen Musikerin eher nicht. Unterhaltsam ist Can A Song Save Your Life? dennoch, insgesamt auch nicht mal unbedingt schlechter als der gefeierte „Vorgänger“. Aber er bleibt am Ende mehr die Behauptung eines Gefühls, weniger das Gefühl selbst.
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