(„Alceste à bicyclette“ directed by Philippe Le Guay, 2013)
Sonderlich eng ist der Kontakt in der letzten Zeit ja nicht gewesen, sechs Jahre haben sich die Schauspieler Gauthier Valence (Lambert Wilson) und Serge Tanneur (Fabrice Luchini) schon nicht mehr gesehen. Was auch daran liegt, dass sie doch sehr unterschiedliche Wege eingeschlagen haben: Während Gauthier zum gutbezahlten Fernsehstar aufgestiegen ist, hat sich Serge mittlerweile komplett zurückgezogen und lebt nun auf der Île de Ré. Eines Tages jedoch schneit dort sein früherer Kollege vorbei und bietet ihm eine Rolle in Molières „Der Menschenfeind“ an, das er selbst inszenieren will. Für Serge kommt das nicht in Frage, lässt sich aber immerhin darauf ein, zusammen mit Gauthier zu proben – und entdeckt dabei seine Liebe für die Schauspielerei wieder.
„Tartuffe“, „Der Geizige“, „Der eingebildete Kranke“ oder eben „Der Menschenfeind“ – auch 340 Jahre nach seinem Tod kommt man im Französischunterricht kaum an Molière vorbei. Verfilmung seiner Stücke gibt es natürlich ebenfalls reichlich, und auch Werke über den Schriftsteller an sich hat es mehrere gegeben, darunter Molière von 2007, wo ebenfalls Fabrice Luchini eine Hauptrolle spielte. Einen Film über eine geplante Inszenierung zu drehen, das ist mal was anderes und gibt Molière auf dem Fahrrad seinen ganz eigenen Reiz. Liebhaber des französischen Dramatikers dürfen sich deshalb besonders freuen, denn zahlreiche Dialoge hier bestehen aus tatsächlichen Zitaten, die dem Stück entnommen sind.
Aber auch für Nichtkenner lohnt sich der Blick, denn mehr noch als eine Molière-Adaption ist Molière auf dem Fahrrad ein Film über die Schauspielerei, der ganz grundsätzliche Fragen über Inszenierungen alter Stücke stellt, und wie diese heute zu interpretieren sind. Allzu verkopft wird es dabei jedoch nicht, denn in erster Linie will das neueste Werk von Regisseur und Ko-Autor Philippe Le Guay eine Komödie sein. Und dafür greift er vor allem auf zwei Elemente zurück: ein gelungenes und ein weniger gelungenes.
Letzteres betrifft die Versuche, durch Situationskomik das Geschehen aufzulockern oder den Anschein einer Handlung zu erwecken. Manchmal ist das witzig, teilweise aber auch einfach nur albern und etwas bemüht. Deutlich besser sieht es bei der Interaktion zwischen den zwei gestandenen Schauspielern aus. Beide haben nicht unbedingt mit mangelndem Selbstbewusstsein zu kämpfen und zögern nicht davor zurück, die eigene Überlegenheit zu demonstrieren, wo es nur eben geht. Am besten ist Molière auf dem Fahrrad daher auch, wenn sich die beiden in Wortgefechten bekriegen, mal in der Sprache Molières, dann wieder in der eigenen. Eine Besonderheit der Geschichte ist es nämlich, dass das geplante Stück viele Parallelen zu ihrem eigenen Leben aufweist, die Grenzen zwischen beidem oft also nicht klar gezogen sind.
Im Vergleich dazu hat die hübsche gemeinsame Bekannte Francesca (Maya Sansa) relativ wenig zu sagen, die anderen Nebenfiguren noch weniger. Wie auch, wenn auf der großen Bühne nicht einmal für die beiden Egomanen genug Platz ist? Man hätte sogar auf die Begegnungen größtenteils verzichten können, ohne dass der Konversationsfilm dabei sonderlich verloren hätte. Ein absoluter Gewinn ist hingegen die Optik, denn ob es die herrlichen Landschaftsaufnahmen sind oder die Szenen aus dem Dorf, Molière auf dem Fahrrad zeigt deutlich, warum die Insel ein beliebtes Urlaubsziel ist.
(Anzeige)