(„The Teacher’s Country“ directed by Benjamin Leers, 2013)
Welche Errungenschaften gibt es in Tansania? Welche Probleme herrschen nach wie vor? Und wie ließen die sich lösen?
Diese drei Fragen prangen groß auf einer Tafel, eine Schulklasse soll die Antworten darauf finden. Doch so richtig einfach ist das nicht. 50 Jahre sind vergangen, seit die beiden Staaten Tanganjika und Sansibar sich vereinten und das unabhängige Tansania gründeten. 50 Jahre, die so hoffnungsvoll gestartet waren, in denen so viel passieren sollte. Doch was ist davon übrig geblieben?
Das wissen die Bewohner teils selbst nicht so genau. Einige davon lässt Regisseur Benjamin Leers in The Teacher’s Country zu Wort kommen, darunter der Lehrer besagter Schulklasse, eine alleinerziehende Mutter und ein Priester. Doch am interessantesten ist Madaraka Nyerere, der jüngste Sohn von Tansanias erstem Präsidenten Julius Nyerere. Zusammen mit anderen ist er auf dem Weg an die Spitze des Kilimanjaros, um an die Menschen zu gedenken, die ein halbes Jahrhundert zuvor für die Unabhängigkeit des Landes gekämpft haben. Der beschwerliche Aufstieg, die mangelnde Vorbereitung, die Rückschläge auf dem Weg nach oben – die Bergtour wird zum Sinnbild einer Nation, die nie wirklich ihre Ziele erreicht hat.
„Tansania rennt nicht oder geht, es kriecht“, heißt es an einer Stelle resigniert. Und die Schuldigen sind auch ausgemacht: Politiker, die nur noch das eigene Wohl vor den Augen haben und deren Vision für das eigene Heimatland – sofern es sie überhaupt gibt – bedeutend von finanziellen Interessen beeinflusst ist. Dennoch ist The Teacher’s Country kein politischer Film. Kein Staatsvertreter huscht über den Bildschirm, die Akteure sind recht anonyme Beispiele aus der Bevölkerung. Manchmal vielleicht etwas zu anonym, ein bisschen mehr Infos, wer die Leute eigentlich sind, wären schön gewesen. Und ob ein Lehrer, ein Priester und der Sohn eines wichtigen Staatsmannes tatsächlich repräsentativ sind, ist ebenfalls nicht ganz einfach zu sagen, gerade bei einem Land, das so sehr mit Armut zu kämpfen hat.
Und doch ist Leers ein interessanter Einblick in Land und Leute gelungen, der in 70 Minuten mal direkt, mal über Umwege ein Tansania zeigt, wie wir es nicht von Wikipedia oder Naturdokumentationen kennen. Dass The Teacher’s Country bei einer vergleichsweise knappen Laufzeit kein ausformulierter Rundumschlag sein kann, ist klar. Vielmehr gleich der Film einem Tagesauflug, impressionistisch und episodenhaft, der uns mal hierhin, mal dorthin führt, ohne ein konkretes Ziel vor Augen zu haben.
„Armut und Arbeitslosigkeit“ lauten die Antworten der Schüler auf die Frage nach den aktuellen Problemen. Bei der Benennung von Errungenschaften wird es schon schwieriger, eine einheitliche Linie zu finden. Und die Lösung auf die Probleme? So weit kommen wir nicht, noch bevor wir die Antworten der Schüler hören, läuft bereits der Abspann über den Fernseher. Schade irgendwie, aber doch auch passend für ein Land, das auf dem Weg vom Sozialismus zum Kapitalismus und vom britischen Anhängsel zu einem souveränen Staat noch immer mit der Suche einer eigenen Identität beschäftigt ist.
The Teacher’s Country ist ab sofort als DVD erhältlich
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