(„Avis de mistral“ directed by Rose Bosch, 2014)
Für viele ginge ja ein Traum in Erfüllung, wenn sie die Möglichkeit hätten, mehrere Monate in der Provence leben zu können – ohne Kosten, ohne irgendetwas dafür tun zu müssen. Nicht so bei Léa (Chloé Jouannet) und Adrien (Hugo Dessioux). Zusammen mit ihrem kleinen Bruder Théo (Lukas Pelissier) sollen sie die Sommerferien bei ihren Großeltern verbringen, während ihre Mutter geschäftlich unterwegs ist. Für die Pariser Großstadtkinder ist die Aussicht auf idyllisches Landleben jedoch weit weniger reizvoll, zumal das Zusammenleben alles andere als einfach ist. Während das Verhältnis zu Großmutter Irène (Anna Galiena) von klein auf gut war, hatten sie ihren Großvater Paul (Jean Reno) nie kennengelernt – denn der hatte sich mit ihrer Mutter zerstritten, als sie in ihrem Alter war. Kein gutes Vorzeichen.
Ende September einen Film über provenzalische Sommerlandschaften ins Kino zu bringen, das hat schon etwas Sadistisches an sich. Andererseits: clever. Wenn ganze Alleen aus Olivenbäumen gezeigt werden, malerische Strandaufnahmen und Sonnenuntergänge, wir uns in kleinen Dörfern verlieren, dazu ein atmosphärischer Soundtrack aus Wind und Grillenzirpen, dann bleibt das nicht ohne Wirkung. Hier wird offensichtlich – und erfolgreich – an das Fernweh der Zuschauer und an deren Sehnsucht nach Idylle appelliert. Während man so schnell dem Charme Südfrankreichs erliegt, fällt dann schon fast gar nicht mehr auf, dass der Inhalt sehr viel weniger sehenswert ist. Fast.
Schließlich braucht es nicht viel Fantasie, um den weiteren Verlauf von Ein Sommer in der Provence vorherzusagen. Es gibt den üblichen Culture-Clash-Humor zwischen Großstadt und Land, dazu den Konflikt zwischen den Generationen. Natürlich kommt hier am Anfang erst mal niemand mit keinem klar, Streit ist an der Tagesordnung, Missverständnisse natürlich auch, man nähert sich mit der Zeit jedoch an, erkennt die Vorzüge des jeweils anderen. Kurz vor Schluss gibt es noch eine dramatische Szene und zum Ende haben sich alle wieder lieb, jeder hat dazugelernt. Das ist ebenso banal wie schamlos klischeehaft.
Einige Versuche unternimmt Regisseurin und Drehbuchautorin Rose Bosch dann aber doch, wenn schon nicht im Aufbau, dann zumindest an einzelnen Stellen eine persönliche Note einzubringen. Einige davon sind sogar gelungen. Wenn sich vermeintlich hinterwäldlerische Großeltern als frühere Rocker entpuppen, die weder Drogen noch freier Liebe abgeneigt waren, und später alte Hippiehymnen singen, das ist schon irgendwie nett. Und die Szenen mit dem stummen Théo – der dankenswerterweise nicht für billigen Kitsch missbraucht wird – sind hoffnungslos rührend geworden. Andere Einfälle wie eben der dramatische Höhepunkt am Ende sind hingegen so heillos übertrieben, dass man seine Augen gar nicht so sehr rollen kann, wie man hier gerne würde.
Letzten Endes ist Ein Sommer in der Provence dann doch nicht mehr als wunderschön fotografiertes Gefühlskino für ein schmachtaffines Publikum, das keine großen Ansprüche an Originalität oder Glaubwürdigkeit hat. Wer sich zu dieser Zielgruppe zählt, der darf sich freuen, denn die solide gespielte Familiengeschichte erfüllt ihren Zweck und hat zudem einige komische Momente im Reisegepäck. Der Rest darf sich derweilen auf die Bilder konzentrieren und von besseren Zeiten träumen.
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