Fleming

Fleming

(„Fleming: The Man Who Would Be Bond“ directed by Mat Whitecross, 2014)

FlemingWarum kannst du nicht wie dein Bruder sein? Ständig muss sich Ian Fleming (Dominic Cooper) die Vergleiche mit seinem erfolgreichen Bruder Peter (Rupert Evans) oder auch seinem Vater gefallen lassen, und gut schneidet er dabei nicht ab. Eine feste Beziehung kann der Sohn aus gutem Hause nicht vorweisen, eine richtige Arbeit auch nicht. Aber an beidem hat er auch kein wirkliches Interesse, da er sich lieber seinen Tagträumen hingibt, von großen Abenteuern träumt oder zumindest davon, über solche zu schreiben. Tatsächlich nimmt sein Leben eine spannende Wendung, als er beim britischen Marine-Nachrichtendienst anheuert – und mit seiner überbordenden Fantasie und dem mangelnden Respekt vor Autorität ständig aneckt.

„Everything I write has a precedent in truth.“

Mit diesem Satz fängt jeder der vier Folgen der BBC-Miniserie an, die sich dem Leben des englischen Schriftstellers Ian Fleming verschrieben hat. Zumindest ein wenig. So wie der Protagonist in Fleming ganz gerne mal ein wenig an der Wahrheit herumdoktert, wenn es dem Unterhaltungswert zugute kommt, nimmt es auch das Biopic nicht immer so ganz genau und versucht auch gar nicht, das zu verbergen. Das Ziel ist dann auch weniger, ein akkurates Porträt des James-Bond-Erfinders zu rekonstruieren, sondern lieber die Gemeinsamkeiten zwischen ihm und seiner berühmten Romanfigur aufzuzeigen. Und dafür wendet es sich aus naheliegenden Gründen vor allem Flemings Spionagearbeit während des zweiten Weltkriegs zu.Fleming Szene 1

Schon die ersten Szenen aus Jamaika, wo Fleming 1952 seine Flitterwochen verbrachte und den ersten Bond-Roman „Casino Royale“ schrieb, hätten aus einem bislang unbekannten Film des britischen Geheimagenten stammen können. Und auch später wird kein Zweifel daran gelassen, dass Realität und Kunst hier oft eng beieinander liegen. Ein Skiausflug erinnert nicht zufällig an Im Geheimdienst Ihrer Majestät, die Musik ähnelt auffallend der aus den 007-Filmen, Flemings Vorgesetzter Rear Admiral Godfrey (Samuel West) darf hier die Rolle von M vorwegnehmen, Sekretärin Second Officer Monday (Anna Chancellor) ist die Blaupause für die spätere Moneypenny.

Oder war es umgekehrt? So genau lässt sich das bei Fleming nie sagen. Wenn Fleming in den späteren Folgen später von seiner Spionagetätigkeit berichtet, dann lässt es die Serie offen, wie viel davon denn nun tatsächlich wahr ist, und wie viel der Wunsch, ein unbesiegbarer, charmanter Superheld zu sein, dem alle Frauen zu Füßen liegen und dem alles gelingt – Bond eben. Manchmal kann dieses doch sehr forcierte Verwischen der Grenzen zwischen Realität und Fiktion etwas irritierend sein, eben weil man danach nicht mehr weiß als zuvor. Wer sich die BBC-Produktion anschauen will, um tatsächlich etwas über Fleming zu erfahren, der sollte sein Geld daher vielleicht lieber in eins der zahlreichen Bücher investieren, die über den Schriftsteller veröffentlicht wurden.Fleming Szene 2

Fleming will nicht mehr als unterhalten, das jedoch gelingt richtig gut. Die Ausstattung ist wie so oft bei der BBC (kürzlich etwa bei Der große Eisenbahnraub 1963) makellos, die farbenprächtigen Aufnahmen aus der ganzen Welt nehmen einen mit in die Zeit der 40er. Spannend wird es ohnehin immer mal wieder, auch wenn die eigentliche Spionagetätigkeit manchmal etwas kurz kommt. Es wäre schön gewesen, da doch ein bisschen mehr zu erfahren und im Gegenzug vielleicht Flemings Liebesabenteuer etwas zu kürzen. Die sind zwar so wie alles hier prächtig gespielt – Lara Pulver darf als Flemings Geliebte Ann O’Neill wie schon in Sherlock die undurchdringliche Femme fatale geben – bewegen sich aber ständig im Kreis, zum Schluss wird es auch unnötig melodramatisch. Dennoch dürfen sich Fans des Geheimagenten hier wie zu Hause fühlen und ein bisschen die Zeit vertreiben, bis der „echte“ Bond nächstes Jahr auf die große Leinwand zurückkehrt.



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Wer war Ian Fleming, der Erfinder von James Bond? Eine richtige Antwort darauf findet man hier zwar nicht, dafür ist der Umgang mit der Realität doch zu großzügig. Aber die fiktionalisierte Biographie ist ein unterhaltsamer Zeitvertreib mit makelloser Ausstattung, tollen Bildern und gewohnt guten Schauspielleistungen.
7
von 10