(„Mandela: Long Walk to Freedom“ directed by Justin Chadwick, 2013)
Interesse an Politik hatte Nelson Mandela (Idris Elba) schon immer gehabt, engagierte sich noch während seines Studiums in der Opposition. Doch irgendwann reicht es dem Anwalt nicht mehr, die Ungerechtigkeiten seines Landes Fall für Fall zu bekämpfen – das gesamte System Südafrikas muss geändert werden. Als Führungsfigur des ANC (African National Congress) verschreibt er sich daher dem Kampf für eine Gleichberechtigung der Farbigen, zunächst gewaltfrei, später zur Not mit Waffen. Immer wieder gerät er dabei mit der regierenden Partei aneinander, bis er schließlich im Gefängnis landet. Doch das hält Mandela nicht auf: Mit der Unterstützung seiner zweiten Frau Winnie (Naomie Harris) führt er als Inhaftierter seinen Widerstandskampf fort.
Kann ein einziger Film dem Leben eines Menschen gerecht werden, noch dazu von einem, der zu einer der prominentesten und einflussreichsten Politikerköpfe des 20. Jahrhunderts wurde? Wohl nicht, wenn man Mandela: Der lange Weg zur Freiheit als Maßstab nimmt. Dabei sind die Ausgangsbedingungen gar nicht so schlecht, Regisseur Justin Chadwick hat bereits bei Die Schwester der Königin und The First Grader Erfahrungen mit Filmporträts historischer Persönlichkeiten gesammelt. Und auch mit dem üppigen Budget von 35 Millionen Dollar, die dem Britisch-Südafrikanischen Film zur Verfügung standen, lässt sich so einiges anfangen.
Dass die gut angelegt wurden, zeigt sich auch schon in den ersten Minuten: An der Ausstattung lässt sich kaum etwas bemängeln, Mandela schafft es sehr schön, ein Zeitgefühl für die einzelnen Epochen zu vermitteln. Und auch das Make-up-Team hat ganze Arbeit geleistet, schließlich hatte man die schwierige Aufgabe, Idris Elba vom jungen Mann bis ins hohe Alter ein glaubwürdiges Äußeres zu verpassen. Das ist ihnen auch gut gelungen. An Elbas eigener Arbeit ist ebenso wenig etwas auszusetzen, der Schauspieler verkörpert mit viel Würde den sicher nicht immer einfachen Freiheitskämpfer.
Doch wo viel Licht, da auch viel Schatten. Dass knapp zweieinhalb Stunden – so lange dauert Mandela: Der lange Weg zur Freiheit – nicht genug ist, um Jahrzehnte in ihrer Gänze zu beleuchten ist klar. Und so ist es auch kein Wunder, dass Chadwicks Biopic ein Langzeitprojekt wurde, an dem immer wieder herumgeschrieben wurde, um die notwendige Mischung aus zeitlicher Breite und inhaltlicher Tiefe zu finden. Anfangs ist das Ergebnis noch stimmig, man erfährt von einzelnen wichtigen Episoden in Mandelas Leben, aber auch über die Situation der Schwarzen während der Apartheid, denen im Gefängnis nicht einmal lange Hosen zugestanden wurden. Der Film zeigt symbolisch anhand dieser Kleidungsfrage, welche absurden Ausmaße die Rassentrennung annahm.
Während wie beim „was“ einiges erfahren, bleibt das „warum“ aber weitestgehend im Dunkeln. Die Beziehung Mandelas zu seinen beiden Frauen, sein Aufstieg zur Ikone, die Annäherung zwischen Schwarz und Weiß, all das wird vorausgesetzt, ohne je plausibel und greifbar werden. Gerade für einen Film, der eine einzige Person zum Thema hat, ist das erstaunlich blutleer, Mandela wird nie zu einem tatsächlich interagierenden Menschen. Dabei schweigt Mandela: Der lange Weg zur Freiheit nicht einmal die negativen Seiten aus: Die rücksichtslosen Tendenzen des Friedensnobelpreisträgers werden ebenso gestreift wie die Gräueltaten, welche die Schwarzen sich gegenseitig zufügten. Und doch bleibt das schale Gefühl, über zwei Stunden auf ein Werbeplakat geschaut zu haben, das legitime Fragen mit Schlagwörtern ersetzt hat und leere Flächen hinter großen Reden versteckt. Man muss daher schon eine große Toleranzgrenze für Pathos mitbringen, um das Drama zu überstehen und die positiven Aspekte überhaupt genießen zu können.
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