(„L’Amour est un crime parfait“ directed by Jean-Marie Larrieu and Arnaud Larrieu, 2013)
Marc (Mathieu Amalric) liebt die Literatur, das Wandern in den Schweizer Alpen und hübsche, junge Frauen. Und wenn letztere besonders begabt sind, ist der Universitätsprofessor privaten Nachhilfestunden auch nicht abgeneigt. Als mit Barbara eine seiner Lieblingsstudentinnen eines Tages spurlos verschwindet, gerät sein Leben jedoch zunehmend aus der Bahn. Nicht nur dass die Polizei und die Universitätsleitung unangenehme Fragen stellen, auch Barbaras Stiefmutter Anna (Maïwenn) ist auf Marc aus – in mehr als einer Hinsicht. Und dann wäre da noch Studentin Annie (Sara Forestier), die ebenfalls in den Genuss der kleinen Extrastunden kommen will.
Was ist real, was ist eingebildet? Was ernst gemeint, was ein bloßer Scherz? Von Anfang an spielt die Verfilmung des Romans „Die Rastlosen“ von Philippe Djian mit dem im Thrillergenre so beliebten Verwischen von Grenzen. Und dafür greifen die Brüder Jean-Marie und Arnaud Larrieu – die sich sowohl Regie wie auch Drehbucharbeit teilten – gleich auf ein ganzes Arsenal an Mitteln zurück: schwarzer Humor, Zitate aus Romanen, sonderbare Figuren, Gedächtnisschwund.
Großes kündigt sich auf diese Weise an, man brennt geradezu darauf, tief in die dunklen Geheimnisse einzutauchen und sich langsam im Wahnsinn in der Abgeschiedenheit der Natur zu verlieren. Nur passiert genau das nicht. Man wartet vergeblich darauf, dass die Handlung irgendwann einmal in Schwung kommt, wir überraschende Wendungen erleben, einschneidende Momente, irgendwas – vergeblich. Die Affäre mit Anna gewinnt an Intensität, Annie sorgt für Komplikationen. Das Verschwinden von Barbara jedoch bleibt bis zum Schluss eine Randnotiz, eine ebenso bloße Andeutung wie die auf Marcs inzestuöse Beziehung zu seiner Schwester Marianne (Karin Viard).
Zweites Problem neben der dezenten Langeweile ist die mangelnde Glaubwürdigkeit. Eben weil die Larrieu-Brüder immer an der Grenze zum Traumhaften herumtänzeln, haben die Figuren kaum Gelegenheit, zu tatsächlichen Charakteren zu werden. Sie handeln, ja. Aber warum sie tun, was sie tun, das will sich nie so richtig erschließen. Wäre Liebe ist das perfekte Verbrechen an der Stelle zumindest konsequent und würde die Seltsamkeit mit offenen Armen empfangen, eine Art Schweizer Twin Peaks, hätte das durchaus reizvoll werden können. So aber bleibt der Thriller im Niemandsland stecken, zeigt mehr Potenzial, als am Ende genutzt wird.
Uneingeschränkt großartig ist jedoch die Optik. Die weiten Schneelandschaften, die starken Kontraste zwischen heimeliger Hütte und der modernen Universität, zwischen blendend-hellen Tagaufnahmen und den geheimnisvoll-düsteren bei Nacht – all das unterstreicht die im Grunde richtig ansprechende Atmosphäre von Liebe ist das perfekte Verbrechen. Nur dass eben keine Geschichte erzählt wird, welche dieser Atmosphäre gerecht wird.
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