(„Was bin ich wert?“ directed by Peter Scharf, 2014)
So ziemlich jeder dürfte sich schon einmal über den eigenen Wert Gedanken gemacht haben. Nach einer gescheiterten Beziehung zum Beispiel, wenn sich das eigene Selbstwertgefühl unter dem Fußboden versteckt. Oder die geistigen Luftsprünge, die man bei einer bestandenen Prüfung macht. Und dann natürlich das leidige Thema der Gehaltsverhandlung, bei dem man nicht nur sich selbst, sondern auch sein Gegenüber von der eigenen Kostbarkeit überzeugen muss. Und gerade, weil das Selbst-Urteil doch gewissen Tagesschwankungen unterworfen ist, stellt sich die Frage: Gibt es so etwas wie einen konstanten Wert? Und wenn ja, kann man diesen berechnen?
Der Journalist Peter Scharf sucht in seiner Dokumentation Was bin ich wert? eben diese Antwort, motiviert auch von seinem eigenen Schicksal: Durch ein hartnäckiges Fußleiden sowohl in der Bewegung als bei der Arbeit eingeschränkt musste er sich mit dem finanziellen Aspekt genauer auseinandersetzen, denn vergleichbare Verdienstausfälle waren in seiner Absicherung einfach nicht vorgesehen. Überhaupt beginnt der Film mit sehr viel persönlichem Bezug, wenn Scharf ohne jegliche Scham von seinen Versuchen erzählt, Blut und Samen zu verkaufen.
Interessanter ist jedoch, was danach folgt: eine Reise quer durch die Welt, zu Leuten, die sich aus den unterschiedlichsten Gründen mit dem Wert menschlichen Lebens, zumindest aber deren Körpern auseinandersetzen. Bei diesem Streifzug kann es mal um Organhandel gehen, dann sind wir plötzlich in einem Laden, der sich auf den Verkauf von menschlichem Haar spezialisiert hat, wir lernen einen Mann kennen, dessen Rückentätowierung in Ausstellungen zu sehen ist, aber auch die Frage der angemessenen Entschädigung der Opfer vom Attentat am 11. September 2001 wird angesprochen.
Bei einer derart breit gefächerten Annäherung an das Thema ist es klar, dass es – abgesehen von der Klammer der Wertbestimmung – nicht viele Gemeinsamkeiten gibt. Und damit auch keinen roten Faden. Nicht einmal der Ton ist dabei konstant, an einigen Stellen ist Was bin ich wert? skurril-witzig, an anderen bewegend. Erheitert, traurig, staunend, sogar wütend – in nur 72 Minuten erlebt man als Zuschauer hier ein Wechselbad der Gefühle.
Doch das ist ganz gut so, denn informativ ist Scharfs Film nur bedingt. Oder besser: Was man hier erfährt, würde in Zeitschriften normalerweise in der Rubrik „unnützes Wissen“ gesammelt. Ebenso wie dort ist dann aber auch Was bin ich wert? sehr unterhaltsam. Abgesehen vom Ende, das etwas willkürlich den Film abschließt und im Vergleich zum vorherigen Abschnitt deutlich abfällt, haben alle Episoden etwas Interessantes zu erzählen. Und so mag man nach der Dokumentation nicht unbedingt schlauer geworden sein, die definitive Antwort, die hat auch Scharf nach seinem Recherchemarathon nicht. Aber vielleicht – und das könnte man dann schon als Erkenntnis verbuchen – ist das auch ganz gut so.
Was bin ich wert? läuft seit 9. Oktober im Kino
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