(„The Grand Seduction“ directed by Don McKellar, 2013)
Arbeit? Die gibt es in Tickle Head schon lange nicht mehr. Früher konnten die Menschen in dem kleinen kanadischen Dorf gut vom Fischfang leben, doch ohne staatliche Unterstützung kommt hier kaum einer mehr aus. Dabei gäbe es sogar einen Ausweg, denn ein Ölunternehmen hat Interesse daran, eine Fabrik in dem Dorf zu bauen, was mehr als genügend Arbeitsplätze schaffen würde. Dummerweise ist dies jedoch an die Auflage geknüpft, dass ein Arzt ansässig sein muss. Aber welcher Arzt zieht schon freiwillig in ein verarmtes Fischerdorf? Und so beschließt der Ortsvorsteher Murray French (Brendan Gleeson), den jungen Dr. Paul Lewis (Taylor Kitsch) zum Bleiben zu überreden, und sei es mit der einen oder anderen Notlüge.
Englischsprachige Remakes von Filmen, das ist nicht unbedingt immer ein Grund zur Freude. Im besten Fall wird nichts verändert, was die Neufassung gleichzeitig irgendwo überflüssig macht. Oft werden durch den Versuch, kleine Perlen für den großen Markt aufzupolieren aber gerade die Punkte weggewischt, welche die Besonderheit des Originals ausmachten. Im Fall von Die große Versuchung dürfen sich die Freunde von Feel-Good-Komödien aber freuen, denn auch wenn es die Vorlage unter dem Titel Die große Verführung sogar in die hiesigen Läden geschafft hat, viele dürften die französischsprachige Fassung seinerzeit nicht gesehen haben. Und da stehen die Chancen hier schon deutlich besser und sei es nur für die beiden bekannten Gesichter Brendan Gleeson und Taylor Kitsch.
Sonderlich relevant ist die Wahl des Schauplatzes ohnehin nicht, kaum etwas weist darauf hin, in einem kanadischen Fischerdorf zu sein. Und die Themen sind sowieso universell: kleine Leute, die während der Globalisierung abgehängt und von allen vergessen wurden, Arbeitslosigkeit, die Schwierigkeit, einen Ort hinter sich zu lassen, an dem man sein ganzes Leben verbracht hat. Ganz klar: Die große Versuchung setzt auf den bekannten Sympathiefaktor von Verlierern, die sich gemeinsam noch einmal ihrem Schicksal entgegenstemmen. Und der Plan geht auch dieses Mal auf, man drückt den raubeinigen Halunken und den reizenden Omas die Daumen, dass ihr kleiner Schwindel nicht auffliegt – wohl wissend, wie die Geschichte ausgehen wird.
Um Originalität im Aufbau ist der Film aber auch gar nicht bemüht, ob es die Charaktere oder die Handlung ist, alles folgt fest etablierten Schemata. Und doch ist der kanadische Film überaus spaßig geworden. Die anfänglichen Gegensätze zwischen dem großstädtischen Arzt und der provinziellen Bevölkerung sind dabei noch der weniger interessante Aspekt, deutlich witziger sind die Versuche, aus Tickle Head Lewis’ Traumort zu machen, indem sie heimlich seine Vorlieben in Erfahrung bringen. Wenn plötzlich in dem einzigen Restaurant vor Ort exotische Gerichte serviert werden und Männer im fortgeschrittenen Alter versuchen, Cricket zu spielen, mag das kein übermäßig anspruchsvoller Humor sein. Aber immer wieder geraten die Beteiligten in wunderbar absurde Situationen, die einen deutlich häufiger zum Lachen bringen, als man es erwarten würde. Und die eine oder andere Szene fürs Herz gibt es obendrauf.
Die große Versuchung – Lügen, bis der Arzt kommt ist seit 28. November auf DVD und Blu-ray erhältlich
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