Jack und das Kuckucksuhrherz

Jack und das Kuckucksuhrherz

(„Jack et la mécanique du cœur“ directed by Mathias Malzieu and Stéphane Berla, 2013)

Jack und das KuckucksuhrherzEin Herz aus Eis, dieses Bild beschreibt im Normalfall einen Menschen, der nicht fähig oder willens ist, Gefühle zu entwickeln. Bei Jack ist diese Beschreibung aber durchaus wörtlich zu verstehen: 1874 an einem bitterkalten Tag in Edinburgh geboren, hätte er aufgrund seines gefrorenen Herzens fast nicht überlebt. Doch die als Hexe verschriene Erfinderin und Hebamme Madelaine hat den rettenden Einfall, als sie das Organ durch eine kleine Kuckucksuhr ersetzt. Und so kann der Junge tatsächlich ein normales Leben führen – so lange er sich nicht verliebt, denn das würde sein kleines mechanisches Herz nicht verkraften. Als er eines Tages bei einem Ausflug der kurzsichtigen Sängerin Acacia begegnet, droht jedoch genau das zu passieren. Und das bringt nicht nur sein seelisches Wohlergehen in Gefahr.

Eine Kuckucksuhr als Herz? Schon die Grundidee des Animationsfilms gefällt mit ihrer ungewöhnlichen Richtung, die Jack und das Kuckucksuhrherz später auch konsequent verfolgt. Vor allem bei den Figuren quillt die französisch-belgische Produktion über vor skurrilen, oft geradezu surrealen Einfällen: Wir begegnen einem Mann, dessen Wirbelsäule aus einem Xylophon besteht, bei einem Mädchen ersetzt ein Luftballon deren Kopf, dafür hat ein anderes einen solchen zuviel. Roald Dahl und Tim Burton lauten die beiden Vorbilder von Ko-Regisseur und Drehbuchautor Mathias Malzieu, und beide Einflüsse lassen sich hier an jeder Ecke und jedem Winkel seines verschrobenen Reiches finden.Jack und das Kuckucksuhrherz Szene 1

Die Gemeinsamkeiten enden jedoch nicht bei den düsteren Bildern und vielen Kuriositäten, wie auch bei The Nightmare Before Christmas spielt hier Musik eine große Rolle. Immer wieder wird gesungen, oft sogar mitten in Dialogen. Verwunderlich ist das nicht, schließlich ist Malzieu von Haus aus eigentlich in einem anderen Unterhaltungsbereich unterwegs: Als Sänger und Mitbegründer der Rockband Dionysos feierte der Franzose in der Heimat größere Erfolge. Gleichzeitig versucht sich das Multitalent aber auch regelmäßig als Autor. Und so basiert Jack und das Kuckucksuhrherz dann auch gleichzeitig auf dem Roman „La mécanique du cœur“ und dem begleitenden, gleichnamigen Konzeptalbum, die beide 2007 schon erschienen sind.

Fans der Gruppe dürfte hier deshalb auch einiges thematisch wie musikalisch bekannt vorkommen, einige Lieder wurden direkt dem Album übernommen, andere neu geschrieben. Für die visuelle Unterstützung stand Malzieu sein Landsmann Stéphane Berla zur Seite, der bereits bei einigen seiner Musikvideos Regie geführt hatte. Diese vertraute Zusammenarbeit kommt dem gemeinsamen Film sicher zugute, denn so kurios die einzelnen Bestandteile manchmal auch sein mögen, sie finden sich hier zu einem stimmigen Gesamteindruck zusammen. Vielleicht sogar zu stimmig, denn die begleitende Rockmusik plätschert aufgrund einer zu starken Gleichförmigkeit vor sich hin, stört nicht, bleibt aber auch kaum im Gedächtnis. Im Vergleich zu Danny Elfmans Ohrwürmern sind die Kompositionen von Dionysos dann doch recht langweilig.Jack und das Kuckucksuhrherz Szene 2

Aufregend im eigentlichen Sinn ist Jack und das Kuckucksuhrherz aber ohnehin nicht. Die Abenteuerelemente sind eher spärlich, versteckt unter dem grotesken Äußeren ist der Film ein im Grunde klassisches Drama über einen Jungen und seine erste große Liebe – eine Mischung aus Coming of Age und Romanze. Für die ganz Kleinen ist der Animationsfilm daher inhaltlich weniger geeignet, denn die werden sich in der zwar simplen, dafür aber überraschend traurigen Geschichte kaum wiederfinden. Die würden von den manchmal morbiden Bildern aber vielleicht ohnehin erschreckt werden.

Wie das große Vorbild von Burton und Henry Selick ist daher auch der französische Verwandte ein Film, der sich der Suche nach einer direkten Zielgruppe verweigert, insgesamt eher kindlich gehalten, dank seiner surrealen Atmosphäre und diverser Anspielungen an die Filmgeschichte aber auch älteren gefallen sollte. Freunde von computergenerierten Animationsfilmen sei das Multimediaprojekt ohnehin ans Herz gelegt, denn auch wenn zur technischen Brillanz der großen US-Studios doch noch ein bisschen was fehlt, das atemberaubende Art Design lässt so manchen Blockbusterkollegen ziemlich arm und gewöhnlich aussehen.

Jack und das Kuckucksuhrherz ist seit 7. November auf DVD und Blu-ray erhältlich



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Tim Burton lässt grüßen: Die Vorbilder von Jack und das Kuckucksuhrherz sind nicht schwer zu erkennen. Die allgegenwärtige Musik ist etwas einfallslos, die Geschichte sehr simpel. Doch aufgrund der vielen kuriosen Figuren, der surrealen Stimmung und des fantastischen Art Designs ist der überraschend traurige Animationsfilm auch für ältere Zuschauer ein ungewöhnliches Vergnügen.
7
von 10