(„Technotise – Edit i ja“ directed by Aleksa Gajić, 2009)
Nachdem die letzten Folgen unseres fortlaufenden Animationsspecials fest in amerikanischer und japanischer Hand waren, ist es wieder an der Zeit, auch Europa mal wieder einen Besuch abzustatten. Und dafür besichtigen wir in Teil 29 ein Land, das bislang noch gar nicht in dieser Reihe vertreten war und für viele filmisch gesehen auch ein unbeschriebenes Blatt darstellen dürfte: Serbien.
Manchen Menschen ist es einfach vorbestimmt, eine glänzende Karriere hinzulegen und bei jedem Schritt Erfolge einzusammeln. Edith ist keiner dieser Menschen. Noch immer wohnt die Studentin bei ihrer Mutter, hangelt sich von Prüfung zu Prüfung, ohne je wirklich zu glänzen. Als sie mal wieder durch eine gerasselt ist, greift sie zu verzweifelten Mitteln: Sie lässt sich von einem Schwarzhändler einen Chip implantieren, der alles speichert, was sie sieht. Tatsächlich schafft sie im Anschluss die Bestnote. Doch der Fremdkörper entwickelt ungewollte Nebeneffekte, als sie in einem Labor eine Formel sieht, welche das Potenzial hat, die komplette Menschheit auf den Kopf zu stellen.
Es ist grundsätzlich immer heikel, einem Land einen einheitlichen Stil zuordnen zu wollen. Denn selbst wenn sich so manche Tendenz finden lässt, Ausnahmen bestätigen nicht immer die Regel. Wer nun anhand von Technotise nach einer Aussage über serbische Animationsfilme sucht, wird daran entweder verzweifeln oder seine helle Freude haben, die verschiedenen Einflüsse zu suchen. Wie sein ungarischer Kollege Aron Gauner (The District) nutzt auch Aleksa Gajić die Möglichkeiten des Computers, um die unterschiedlichsten Animationsformen zu vereinen. Einiges ist an klassische Zeichentrickfilme angelehnt, andere Elemente sind typische Beispiele für Rechnergrafiken. Und auch bei den Figuren trifft man sich irgendwo in der Mitte zwischen amerikanischem Samstagmorgen-Cartoon und fernöstlicher Animeästhetik.
Auch inhaltlich orientiert sich Technotise – in Deutschland alternativ unter dem Namen Robot Metropolis erhältlich – gleichermaßen an westlichen wie östlichen Vorbildern. Die Hooverboards kennen wir aus Zurück in die Zukunft, an manchen Stellen stand Blade Runner Pate, die geheimen wissenschaftlichen Experimente erinnern an Akira, die Überlegungen zu Mensch und Maschine an Ghost in the Shell. Das sind sicher nicht die schlechtesten Orientierungspunkte, weshalb auch das Potpourri bekannter Elemente für Science-Fiction-Fans sehenswert ist. Gleichwohl wäre es schön gewesen, wenn Gajić bei der Fortsetzung seines Comicbuchs ein bisschen mehr Eigenständigkeit gezeigt hätte. Etwas wirklich Originäres vermisst man hier, sieht man einmal von dem bizarren Verweis auf die serbische Politik ab. Auch werden einige Punkte nur angeschnitten, die durchaus spannende Frage, wie mit einem künstlichen Bewusstsein umzugehen ist, hätte etwas mehr Tiefe vertragen.
Doch auch wenn Technotise nicht unbedingt zu den Klassikern des Genres gehört, ein wenig mehr Aufmerksamkeit hätte der serbische Animationsfilm verdient als seinen derzeitigen Platz auf dem Grabbeltisch. Denn er verbindet nach wie vor spannende Ideen mit einer gelungenen, sehr sauberen Optik, die gerade bei den Hintergründen richtig atmosphärisch ausgefallen ist. Dazu gibt es eine passende, tendenziell etwas unauffällige musikalische Begleitung zwischen Rock und Elektro. Da auch noch die eine oder andere rasante Actionszene hinzukommt, der Film an manchen Stellen auch Humor beweist, ist das Filmdebüt von Gajić ein kleiner Geheimtipp für Sci-Fi- wie Animationsfans. Umso enttäuschender ist, dass der Comickünstler sich seither nie wieder an einem Film versucht hat. Denn wer sich seinen schon länger nicht mehr aktualisierten Blog anschaut, entdeckt dort so einige Artworks, von denen man sich eine animierte Fassung durchaus gewünscht hätte.
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