The Rover

(„The Rover“ directed by David Michôd, 2014)

The RoverViel zu lachen gibt es im Australien der nahen Zukunft nicht, nach einem Kollaps sind Nahrung, Ressourcen oder Anzeichen von Zivilisation rar geworden. Die Menschen leben nunmehr versprengt, das gegenseitige Misstrauen ist hoch. Doch bei einer Sache versteht Eric (Guy Pearce) noch weniger Spaß als normal: seinem Auto. Als ihm drei düstere Gestalten eben dieses auf der Flucht klauen, sieht er rot, tut alles dafür, sein Eigentum zurückzuholen. Zuerst alleine, später in Begleitung von Rey (Robert Pattinson) – dem jüngeren Bruder einer der drei – macht er nun Jagd auf das Trio und geht dafür auch über Leichen.

Selbst unter den sehr wohl an Sonderbarkeiten gewohnten Besuchern des Fantasy Filmfests dürfte es so manchen gegeben haben, der nicht recht schlau aus dem diesjährigen Eröffnungsfilm wurde. Warum Australien in Trümmern liegt, wird nicht verraten, auch nicht der Hintergrund des Protagonisten oder weshalb er so sehr um sein Auto kämpft. Nicht einmal, was das Trio zur Flucht veranlasst und wer ihre Verfolger sind, dürfen wir erfahren. Und daran wird sich im Laufe des Films auch nur wenig ändern.The Rover Szene 1

Anfangs verdankt die zweite Regiearbeit von David Michôd (Königreich des Verbrechens) diesem Umstand sogar seine Spannung, man will ja schließlich erfahren, was denn nun hinter dem dystopischen Szenario in The Rover steckt. Voller Vorfreude wartet man auf die neuen Puzzlestücke, spekuliert, wie die zusammenpassen könnten. Nur dass genau das eben nicht passiert; nach dem enigmatischen Einstand wird die Handlung immer minimalistischer, bis sie genauso leer ist wie die verlassenen Landschaften des Outbacks.

Letztere bleiben auch dann noch sehenswert: düster, karg, leblos, ein wenig unwirklich – auch wenn es Aufnahmen von der Jetztzeit sind, die Bilder vermitteln à la Mad Max zusammen mit der atmosphärischen Musik eine bedrückende Endzeitstimmung. Zivilisation? Menschlichkeit? Nichts ist davon mehr geblieben, Sympathieträger oder Identifikationsfiguren wird man in The Rover vergeblich suchen. Nicht einmal die Hauptfigur mag man hier so recht anfeuern, die im Grunde nicht anders ist als die Menschen, gegen die sie kämpft.

Zwar ist das Konzept des Anti-Helden in Western nicht neu, und als einen solchen könnte man den Film durchaus bezeichnen. Während in den Spaghetti-Western die abgehalfterten Charaktere zwar keine hehren, dafür aber zumindest nachvollziehbare Ziele hatten, verweigert einem The Rover selbst das: Gier und Rachsucht wichen hier reinem Nihilismus, der Film zeigt eine Gesellschaft, in der den Leuten nichts mehr geblieben ist, das sie noch verlieren könnten. Das ist faszinierend, stimmungsvoll, fast schon hypnotisch – gleichzeitig aber auch irgendwo langweilig. Bei seinem Versuch, eine sinnentleerte Welt zu zeigen, schoss Michôd vielleicht ein wenig übers Ziel hinaus, mit dem Verzicht auf eine größere Handlung, richtige Charaktere oder Dialoge ging auch ein wenig der Unterhaltungswert verloren. So interessant der düstere Roadtrip auch ist, er bleibt am Ende doch unbefriedigend.The Rover Szene 2

Einen Blick wert ist er aber, und sei es nur der beiden Hauptdarsteller wegen. Guy Pearce als undurchdringlicher Revolverheld mit dichtem Bart und kurzen Hosen zeigt auch ohne große Worte eine Präsenz, an der es kein Vorbeikommen gibt. Doch die große Überraschung ist Robert Pattinson, der es sich offenbar zum Ziel gesetzt hat, möglichst rasch seine Twilight-Vergangenheit hinter sich zu lassen. Nicht nur, dass er hier mit verdreckten Klamotten und verfaulten Zähnen so gar nicht seinem Schönlingsimage entspricht, seine Darstellung des geistig minderbemittelten Bruders hinterlässt selbst bei Zweiflern großen Eindruck und sorgt für die seltenen emotionalen Momente des Films – ohne Kitsch, dafür so rau und unbarmherzig wie die Welt, in der er lebt.



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Ganz so nihilistisch hätte The Rover sicher nicht werden müssen, der Verzicht auf eine tatsächliche Handlung oder Identifikationsfiguren macht den Film unzugänglich und etwas langweilig. Dafür ist er atmosphärisch sehr stark und allein für die beeindruckende Leistung der beiden Hauptdarsteller einen Blick wert.
6
von 10