(„Black Rock Shooter“ directed by Shinobu Yoshioka, 2012)
Wer ist dieses Mädchen mit dem ungewöhnlichen Familiennamen? Mato Kuroi ist von Anfang an von ihrer neuen Mitschülerin Yomi Takanashi fasziniert, deren Nachnamen man auch als „spielenden Vogel“ lesen könnte. Wirklich spielfreudig wirkt Yomi jedoch nicht, die Einzelgängerin hält sich von jeglichem Schulleben zurück und spricht zu niemandem. Als beide jedoch ihre gemeinsame Leidenschaft für ein Kinderbuch entdecken, entwickeln sich trotz Yomis Zurückhaltung eine leise Freundschaft. Bis Mato die Bekanntschaft von Kagari Izuriha macht, die großen Einfluss auf die schüchterne Yomi ausübt und diese für sich alleine will. Zeitgleich, in einer anderen Welt, kämpft die mysteriöse Black Rock Shooter gegen Monster und andere schwer bewaffnete Mädchen.
Wenn in noitaminA, dem Programmblock für etwas andersartige Anime des Fernsehsenders Fuji TV, eine neue Serie angekündigt ist, dann basiert sie meistens auf Manga (House of Five Leaves, Silver Spoon), Büchern (Ayakashi, Tatami Galaxy) oder ist eine Neuentwicklung (Eden of the East, Tokyo Magnitude 8.0). Als 2012 dort Black Rock Shooter anlief, stellte die 8-teilige Serie daher ein Novum dar, denn zum ersten Mal bildete ein anderer Anime die Grundlage. Gewissermaßen. Anders als andere TV-Spinoffs war Black Rock Shooter nämlich von Anfang an als ein medienübergreifendes Projekt geplant, das 2010 mit einer Direct-to-Video-Produktion begann und diverse Manga und Videospiele nach sich zog. Und eben auch die Serie.
Inhaltlich sind die einzelnen Werke nur lose miteinander verknüpft, das gemeinsame Element ist jedoch jedes Mal die schwarzhaarige Titelheldin mit dem leuchtend blauen Auge und dem reichhaltigen Waffenarsenal. Bis wir in der Serie jedoch so weit sind und mehr über sie erfahren, vergeht eine Weile, ein Großteil von Black Rock Shooter ist dem Schulalltag und den Lebenskrisen der Schülerinnen gewidmet. Und an denen mangelt es nicht: Eifersucht, Unsicherheit, Schuldgefühle, Zurückweisung – die Serie von Regisseur Shinobu Yoshioka lässt keinen Bereich des Teenagerdaseins aus, den man nicht problematisieren könnte.
Nun sind diese Mischungen aus Slice of Life und Coming of Age keine Seltenheit im Animebereich, gerade wenn jüngere Mädchen angesprochen werden sollen. Und legitim ist das Vorhaben sicher auch, denn auf dem Weg ins Erwachsenenalter dürften die meisten die eine oder andere Hölle durchquert haben. Nur dass Black Rock Shooter bei deren Darstellung jedes Maß fehlt. Wenn hier jeder Stolperstein gleich zum Ende der Welt hochstilisiert wird, hält sich der pädagogische Effekt für Altersgenossinnen in Grenzen, als Erwachsener wird man mit den völlig übertriebenen melodramatischen Elementen ohnehin seine Schwierigkeit haben, die sich in ihrer eigenen Verzweiflung suhlen. Mit Emotionalität hat das dann kaum mehr was zu tun, dann schon eher mit Theatralik. An einigen Stellen erinnern die psychischen Aussetzer der Protagonisten an die aus Higurashi, nur dass jene Serie eben auch im Horrorgenre angesiedelt war.
Bestünde Black Rock Shooter nur aus den Schulszenen, man könnte sich den Anime dann auch getrost sparen. Doch interessant wird es eben durch die Verknüpfung mit den bizarren Kämpfen, bei denen Hiroyuki Imaishi (Regisseur von Gurren Lagann und Kill la Kill) seine Finger im Spiel hatte. Dass beide Handlungselemente in einem Bezug zueinander stehen, ist klar, vor allem zu Beginn werden die Erlebnisse der realen Welt in wundervoll surrealer Weise auf einem endlosen Schachbrett verarbeitet. Auch optisch hat die Gemeinschaftsarbeit der Animationsstudios Ordet und Sanzigen während der Parallelebene eindeutig die Nase vorn.
Interessant ist beispielweise, dass die Figuren je einer Farbe zugeordnet sind und so der ansonsten ganz in Schwarz-Weiß gehaltenen Welt ihre eigene Färbung geben. Bei den Kämpfen kommt dann auch der Rechner kräftig zum Einsatz, was angesichts des ohnehin intendierten Stilbruchs aber auch passend ist. Da zudem die Alternativdesigns im Gegensatz zu den austauschbaren „Originalen“ einfallsreich sind, freut man sich zumindest die ersten Folgen lang immer darauf, wenn das Schulleben durch die actionreichen Momente durchbrochen wird. Später werden jedoch auch diese aufgrund der mangelnden Abwechslung zunehmend uninteressanter, Black Rock Shooter fehlt es einfach an einer Geschichte, die es wert wäre, erzählt zu werden. Übrig bleibt ein Anime, der trotz der reizvollen Grundidee und einer teils schicken Optik nicht übers Mittelfeld hinauskommt.
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