Coherence

(„Coherence“ directed by James Ward Byrkit, 2013)

CoherenceWenn es einem begnadeten Drehbuchautoren in der aufgeblasenen Hollywoodwelt zu langweilig wird, geschieht im besten Fall Folgendes: Er entwirft ein kluges und gleichzeitig spannungsgeladenes Szenario, reduziert radikal alle filmischen Mittel und zaubert selbst einen kleinen, aber fein kompromisslosen Edelstein hervor. Mit „Coherence“ ist James Ward Byrkit, der bereits positiv mit seiner Drehbuchbeteiligung an „Rango“ aufgefallen ist, ein minimalistischer, kammerspielhafter Science-Fiction Thriller um Freundschaft, Vertrauen und Selbstbetrug gelungen.

Der Abend fängt für Emily (Emily Baldoni) schon gut an. Auf dem Weg zu einer Dinnerparty mit Freunden zerspringt während eines Gesprächs das Display ihres Handys. Beim darauf folgenden gemütlichen Zusammensitzen spekuliert man über das mysteriöse Vorkommnis und vermutet einen Zusammenhang mit einem Kometen, dessen Umlaufbahn sich in Erdnähe befindet. Ein plötzlicher Stromausfall scheint die Vermutung zu bestätigen und treibt die Freunde auf die Straße, um von dort aus das gänzliche Ausmaß erfassen zu können. Tatsächlich liegt das Gebiet fast vollkommen im Dunkeln, aber eben nur fast. In der Ferne machen die Schaulustigen ein Haus aus, das offensichtlich über Beleuchtung verfügt.Coherence Szene 1

Zwei der Gäste entscheiden sich, mit den Bewohnern des erleuchteten Hauses Kontakt aufzunehmen. Das erhoffte Licht im Dunkeln erweist sich jedoch schnell als Beginn einer Reihung seltsamster Ereignisse. Eine Schachtel mit höchst aktuellen Fotos der Gäste taucht auf, Klopfgeräusche an der Tür und Schatten vor den Fenstern strapazieren deren Nerven. Zudem machen sich die ersten Verhaltensänderungen der Anwesenden bemerkbar. Eine erneute Untersuchung der Umgebung führt zu einer Begegnung mit einer weiteren Menschengruppe. Und die kommt allen Beteiligten mehr als bekannt vor und schwächt das Vertrauen zueinander immens.Coherence Szene 2

Tatsächlich ist „Coherence“ auch eine Art Experimentalfilm, hinter dem die Idee steckt, einen Film zu drehen, der, so Regisseur Byrkit, sowohl ohne Drehbuch als auch ohne Crew auskommt. So beginnt der Mystery-Thriller auch eher amateurhaft mit wackeliger Kamera und dürfte damit den einen oder anderen anspruchsvolleren, bildgestalterisch verwöhnten Kinogänger verschrecken. Ebenfalls ist der Verzicht auf Dialogvorgaben sicherlich gewöhnungsbedürftig, Improvisation ist eben das wahre Leben und nicht Film. Doch schnell zeigen sich diese vermeintlichen Schwachpunkte als die eigentliche Stärke. Wir, die Zuschauer, sind ganz schnell mittendrin in den scheinbar unerklärlichen Ereignissen, sehen oder sehen eben auch nicht, was sich da hinter vorgezogenen Vorhängen oder auf der in Dunkelheit getauchten Straße abspielt. Logiklöcher geraten durch die zunehmende Spannung und die gut aufgelegten Darsteller schnell in Vergessenheit. Mehr über die zahlreichen Twists zu verraten oder Vergleiche mit thematisch ähnlich gelagerten Filmen zu ziehen, wäre Film und Publikum gegenüber unfair. Haben Sie übrigens schon einmal von „Schrödingers Katze“ gehört?

Coherence läuft ab 25. Dezember im Kino



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Wer auf Mitdenken und auf "Mindfuck" Filme steht, wer überraschende Wendungen und Filme mag, die sich weit ab vom Mainstream und ausgetretenen Pfaden bewegen bewegen, und wer sich zudem auf die wackelige und - nun ja - auch etwas amateurhafte Kameraarbeit einlassen mag, der wird mit einem ganz besonderen Science-Fiction-Mystery-Thriller belohnt, der zu Recht schon ein paar Awards einheimsen durfte.
8
von 10