(„Da Vinci’s Demons – The Complete First Season“ directed by various, 2013)
Seit Jahren schon kämpfen die Großstädte Rom und Florenz um die Vorherrschaft in Italien, aktuell sind es der römische Adlige Girolamo Riario (Blake Ritson) und Lorenzo de’ Medici (Elliot Cowan), die kräftig mit den Säbeln rasseln. Da kommt es Letzterem gerade recht, als Leonardo da Vinci (Tom Riley) ihm seine Dienste als Waffenkonstrukteur anbietet. Dem exzentrischen Tüftler geht es dabei jedoch weniger um das Schicksal der Stadt. Vielmehr ist er an den Mitteln des reichen Kaufmanns interessiert, um seine eigenen Forschungen voranzutreiben. Vor allem eine Sache lässt da Vinci keine Ruhe: die Suche nach dem legendären Buch der Blätter, von dem ihm ein mysteriöser Fremder erzählt hat.
Ob es nun seine Kunstwerke sind wie die „Mona Lisa“, seine umfangreichen Schriften zur Anatomie des Menschen oder seine zahlreichen Gebäude- und Maschinenkonstruktionen, kaum ein Name verdeutlicht wohl besser unsere Vorstellung eines Universalgenies als Leonardo Da Vinci. Dass ein derart vielseitiger Mann ein dankbares Thema für Film und Fernsehen abgibt, liegt auf der Hand. Wenn überhaupt, ist es verwunderlich, dass es angesichts der noch immer so beliebten pseudohistorischen Sendungen so lange gedauert hat, bis jemand auf die Idee kam, dem Erfinder eine eigene Serie zu widmen. Dafür ließ es sich deren Schöpfer David S. Goyer, der unter anderem an den Drehbüchern für Blade, Dark City und Batman Begins beteiligt war, nicht nehmen, der historischen Vorlage seinen ganz eigenen Stempel aufzudrücken.
Die Figuren der Serie basieren zwar größtenteils auf historischen Persönlichkeiten, auch bei den Konflikten zwischen den Familien und dem mysteriösen Kult rund um die Gestalt des Mithras orientierte sich Goyer an realen Begebenheiten. Doch was er daraus macht, hat mit der Geschichte nur noch wenig zu tun: Die Erfindungen Da Vincis sind teils geradezu lächerlich übertrieben, hinzu kommen fantastische Elemente wie Wahrsagerei und Zeitreisen. Wenn dann auch noch im Original die Figuren mit starkem britischen Akzent sprechen und in jeder der acht Folgen von Staffel eins mindestens einmal das für die Renaissance eher untypische Wort „Fuck“ fällt, wenden sich Historiker mit Grauen ab.
Doch an die richtet sich Da Vinci’s Demons, mehr als ein stimmungsvoller und bekannter Hintergrund sollen Da Vinci und seine Zeit gar nicht sein, um ein unterhaltsames Fantasyabenteuer zu erzählen. Und das ist die Serie auch tatsächlich geworden, auch wenn das weniger an den historischen Vorbildern aus Italien liegt, sondern vielmehr an einem aktuellen aus England. Wenn sich das Universalgenie an seiner eigenen geistigen Überlegenheit labt und andere in Grund und Boden redet, erinnert das schon stark an Sherlock. Und auch wenn Da Vincis Gedankengänge visualisiert werden, merkt man den Einfluss der Kultserie. Dass zudem auch Lara Pulver hier eine größere Rolle übernimmt, schleicht sich das Gefühl ein, man wollte lediglich ein Erfolgsrezept ins Mittelalter verfrachten. Aber warum nicht, wenn man schon klaut, darf man sich dafür ruhig die besten Inspirationsquellen aussuchen, zumal es hier auch Elemente gibt, die Da Vinci’s Demons vielleicht nicht besser, aber doch zumindest anders machen.
Ein großer Unterschied betrifft die beiden Protagonisten: Während der Meisterdetektiv ein sozial gestörter Einzelgänger ist, zieht Da Vinci die Anwesenheit anderer Menschen vor, gerne auch unbekleidet. Tatsächlich ist seine Affäre mit Lucrezia Donati (Laura Haddock) ein integraler Bestandteil der Geschichte, diverse Male dürfen wir den beiden beim Liebesspiel zuschauen. Überhaupt wird hier gerne mal blank gezogen, unabhängig vom Geschlecht. Und wenn es gerade mal nicht die auffallend attraktive Besetzung ist, so wird das Auge durch herrliche Aufnahmen oder überraschend brutale Szenen abgelenkt, sodass man nicht mehr allzu sehr über die völlig übertriebenen Elemente nachdenkt. Style over substance? Schon möglich, aber so lange der so aussieht wie hier, muss das kein Nachteil sein. Da darüber hinaus auch geschickt kleine Hinweise gestreut werden, die eine noch viel größere Geschichte andeuten, wird man Staffel eins viel schneller durchhaben, als einem lieb ist und sich über den obligatorischen Cliffhanger zum Ende aufregen. Ein Glück also, dass auch Staffel zwei bereits erhältlich ist und in zehn neuen Folgen Da Vincis Suche nach Antworten fortsetzt.
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