(„Devil’s Knot“ directed by Atom Egoyan, 2013)
Er wollte nur kurz mit seinen Freunden raus, um ihnen sein neues Fahrrad vorzuführen. Doch weder Stevie noch die beiden anderen sind zur verabredeten Zeit zurück. Erst eine ausgedehnte Suchaktion von Polizei, Familie und Freunden bringt die traurige Gewissheit: Die drei Jungs sind tot, wurden von einem Unbekannten in dem nahegelegenen Waldgebiet entkleidet und ermordet. Die vermeintlichen Schuldigen sind schnell gefunden, schließlich waren die Jugendlichen Damien, Jason und Jessie der kleinen Gemeinde in Memphis schon immer suspekt. Als klar wird, dass die drei keine faire Verhandlung zu erwarten haben, schaltet sich der Privatdetektiv Ron Lax (Colin Firth) ein, um die überforderten Pflichtverteidiger zu unterstützen.
Wer ist der wahre Mörder der drei 8-Jährigen? Bis heute weiß das keiner so genau, der reale Fall, der sich 1993 zugetragen hat, ist noch immer nicht aufgeklärt. Eine wirkliche Antwort kann und will Devil’s Knot, der auf dem gleichnamigen Buch von Mara Leveritt basiert, deshalb auch nicht geben. Bei einem Kriminalfall, der derart mediales Interesse geweckt hatte und hitzig diskutiert wurde, ist klar, dass sich hier neue Erkenntnisse eher nicht finden würden. Spannend ist der Film daher auch maximal nur am Anfang, vor dem grausigen Fund. Dort lässt sich noch am ehesten der Einfluss der beiden Drehbuchautoren Paul Harris Boardman und Scott Derrickson spüren, die sonst eher im Horrorgenre zu Hause sind (Sinister, Erlöse uns von dem Bösen).
Ansonsten hat Regisseur Atom Egoyan (Chloe) kein wirkliches Interesse daran, einen Spannungsbogen aufzubauen. Vielmehr lässt sich hier zu jeder Zeit das deutliche Bestreben spüren, ähnlich wie in Der blinde Fleck die fragwürdigen Ermittlungsmethoden der Polizei anzukreiden. Wenn Ron Lax am Ende zusammenfasst, er wisse nicht, was er glauben soll, dass für ihn nur die Unschuld der drei Jugendlichen fest steht, dann ist das auch das unverhohlene Fazit des Films. Dass die drei Angeklagten doch mit der Tat zu tun haben könnten, wird hier nicht ernsthaft in Betracht gezogen: Zu viele Ungereimtheiten haben sich davor angesammelt, Spuren, die nicht verfolgt wurden, verschwundene oder nicht zugelassene Beweise. Den Zuschauer lässt dies mit dem Gefühl der Empörung zurück, dass drei so offensichtlich unschuldige Menschen einer Hexenjagd geopfert wurden, um den Tod der Kinder zu sühnen – koste es, was es wolle.
Engagiert ist ein solcher Film sicher, vielleicht sogar wichtig, damit der vermeintliche Justizirrtum nicht in Vergessenheit gerät. Aber ist Devil’s Knot damit auch automatisch gut? Das ist schon schwieriger zu beantworten. Der pseudodokumentarische Stil, den Egoyan verwendet – Interviews inklusive – ist ein naheliegender, gleichzeitig aber auch irgendwo unbefriedigender Ansatz. Für einen richtigen Spielfilm ist das Ende zwangsweise zu nichtssagend, für eine echte Dokumentation fehlt es an Informationsgehalt. Gerade zum Ende hin geht alles wahnsinnig schnell, viele Punkte werden erst während der Verhandlung angesprochen und sofort wieder fallengelassen. Gut gespielt ist das sicher und wer noch nichts über den Fall weiß, erhält hier viel erschreckendes Grundwissen. Für mehr war in den zwei Stunden dann aber doch kein Platz.
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