Metalhead

Metalhead

(„Málmhaus“ directed by Ragnar Bragason, 2013)

MetalheadAls junges Mädchen muss Hera Karlsdottir mitansehen, wie ihr abgöttisch geliebter älterer Bruder Baldur von einem Traktor erfasst wird und später seinen Verletzungen erliegt. Seither ist nichts mehr wie es war. Bei ihr nicht, bei ihren Eltern Karl (Ingvar Eggert Sigurðsson) und Droplaug (Halldóra Geirhardsdóttir) ebenso wenig. Von ihrem Umfeld unverstanden findet Hera als Jugendliche (Thorbjörg Helga Thorgilsdóttir) Halt in Heavy Metal und ihrem Traum, in die Stadt zu ziehen und die Provinz hinter sich zu lassen. Doch mit ihrer rebellischen Art verschreckt sie jeden, der ihr zu nahe kommt. Bis sie eines Tages den neuen Priester Janus (Sveinn Ólafur Gunnarsson) kennenlernt, der ihre Vorliebe für die dunkle Musik teilt.

Wenn ein Film auf dem Fantasy Filmfest gleich mit einem blutigen, geradezu grausamen Todesfall startet, liegt der Verdacht nahe, es mal wieder mit einem Vertreter des Horror- oder zumindest Thrillergenres zu tun zu haben. Weit gefehlt, vielmehr steht Metalhead in der Tradition anderer Dramen wie Beasts of the Southern Wild, Animals oder Love Eternal, welche auf dem notorischen Festival liefen und von Außenseitern handelten, die ihren Platz in dieser Welt finden müssen. Und wie diese ist auch der kleine isländische Film ein äußerst gelungener Geheimtipp für alle Freunde ungewöhnlicher Coming-of-Age-Geschichten.Metalhead Szene 1

Dabei ist die Ausgangssituation sogar eine sehr universelle: Wie gehe ich mit Schmerz und Trauer um? Jeder in der Familie Karlsdottir hat hier seine eigenen Vorstellungen. Familienvater Karl kümmert sich um seine Tiere und verdrängt, was passiert ist. Droplaug wiederum hält verzweifelt am Status Quo fest, indem sie das Kinderzimmer von Baldur so belässt wie an dem Tag, als er verstorben ist. Während die beiden den Verlust im Stillen mit sich austragen, zum Kirchenchor gehen und an netten Tanzveranstaltungen teilnehmen, so als wäre nichts geschehen, schreit Hera ihr Leid heraus, trägt nur noch die schwarzen Klamotten ihres älteren Bruders, hört seine Heavy-Metal-Musik.

„Das ist die Musik des Teufels!“, kreischen Kirchenvertreter in dem Film. Doch Regisseur und Drehbuchautor Ragnar Bragason liegt nicht daran, die Musik zu verdammen, sondern begegnet ihr mit viel Verständnis. Hera ist kein Anhänger satanischer Verse, auch wenn sie keinen Gott anbeten mag, der ihr den Bruder genommen hat. In einer Mischung aus Realitätsflucht und Rebellion gegen eine Welt, die dem Tod eines geliebten Menschen mit Floskeln und seligen Jenseitsbeteuerungen begegnet, werden Judas Priest, Slayer, Iron Maiden und die vielen anderen Metalbands zu dem Sprachrohr und Seelenverwandten des traumatisierten Mädchens. Die einzigen, die zu verstehen scheinen, was in ihr vor sich geht.Metalhead Szene 2

Anhänger dieser Gruppen, gerade die nostalgisch veranlagten, werden Metalhead alleine schon deshalb lieben, denn Bragason schafft es sehr schön einzufangen, was es hieß, in den 80ern außerhalb der Hochburgen Metal zu hören. Doch selbst, wer nichts mit diesem Genre anfangen kann, sollte dem isländischen Film eine Chance geben, der trotz der dröhnenden Gesänge und der jaulenden Gitarren eigentlich ein ganz leiser ist. Für manche wird er sogar zu leise sein, denn er beschränkt sich auf kleine Momente, anstatt das große Drama zu liefern. Wirklich emotional wird es selten. Hin und wieder wäre es zudem schöner gewesen, ein bisschen mehr auf Kontinuität zu achten, die einzelnen Szenen fügen sich nicht immer zu einer richtigen Handlung zusammen, sondern wirken willkürlich aneinandergereiht. Doch auch wenn es zwischendurch ein wenig Geduld braucht, man wird immer wieder mit komischen Momenten belohnt, mit solchen, die zu Herzen gehen, und auch mit wunderschönen Bildern der isländischen Einöde. Und der Erkenntnis, wie wichtig es ist, sich seiner Trauer zu stellen.

Metalhead ist seit 28. November auf DVD und Blu-ray erhältlich



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Trotz der dröhnenden Heavy-Metal-Musik ist Metalhead in erster Linie ein leises Drama über Trauer und Tod, und darüber, als unverstandener Außenseiter seinen Platz in dieser Welt zu finden. Das ist oft bewegend und komisch zugleich, zwischendurch braucht es jedoch etwas Geduld, wenn die Handlung zu episodenhaft wird.
7
von 10