(„Jacky au royaume des filles“ directes by Riad Sattouf, 2014)
Im fernen Land Bubunne haben die Frauen das Sagen, politisch wie militärisch. Männer hingegen sind dafür da, sich um den Haushalt zu kümmern und Kinder zu zeugen, vorzugsweise Mädchen. Doch auch die mächtigste Frau muss einmal abdanken, und so beschließt die Diktatorin „La Générale“ (Anémone) das Zepter an ihre Tochter „La Colonelle“ (Charlotte Gainsbourg) weiterzureichen. Bevor jene das Amt übernehmen kann, braucht es aber einen Bräutigam. Und so werden alle Junggesellen des Landes dazu aufgerufen, sich als Heiratskandidaten vorzustellen. Diesem Wunsch will der 20-jährige Jacky (Vincent Lacoste) gerne nachkommen, denn der Dorfjunge ist seit Jahren schon in die zukünftige Regentin verliebt.
Charlie wer? Noch vor einigen Wochen war das französische Satiremagazin Charlie Hebdo hierzulande nur wenigen Eingeweihten ein Begriff. Seit dem Anschlag ist alles anders, plötzlich entdeckte jeder den Charlie in sich. Dass Jacky im Königreich der Frauen nun damit beworben wird, einer der Autoren ware für den Film verantwortlich, ist schon etwas zynisch. Gleichzeitig dürfte die französische Komödie dadurch tatsächlich mehr Zuschauer in die Kinos locken. Und das wäre hier durchaus verdient.
Wie zu erwarten war, interessiert sich Regisseur und Drehbuchautor Riad Sattouf – neun Jahre lang Comiczeichner für das Pariser Blatt – herzlich wenig für etwaige Befindlichkeiten oder politische Korrektheit. Schon bei den ersten Auftritten von La Générale wird deutlich, dass Diktaturen à la Nordkorea hier kräftig durch den Kakao gezogen werden. Aber eben nicht nur: Wenn in Jacky alle Männer dazu verpflichtet sind, Ganzkörperschleier zu tragen und das Opfer sexueller Übergriffe sind, ist das eine unmissverständliche Verballhornung des Islams sowie von frauenfeindlichen Strukturen in der Gesellschaft. Natürlich werden so beiläufig auch Frauen karikiert, die – sofern sie dieselben Voraussetzungen wie Männer haben – ebenso rücksichtlos agieren. Und zu guter Letzt bekommen auch Homosexuelle hier ihr Fett ab. Die Nordkorea-Komödie The Interview mag dieses Jahr die Schlagzeilen beherrscht haben, doch die boshaftere Satire, die kommt aus Frankreich.
Der Humor in Jacky speist sich jedoch nicht nur aus ätzendem Spott, sondern auch aus seiner unwirklichen Atmosphäre. Beispielsweise lässt Sattouf in seinem zweiten Kinofilm die Einwohner von Bubunne spirituelle wie reale Pferde anbeten – warum, weiß kein Mensch. Statt Gemüse steht Schleim auf dem Speiseplan, viele Wörter werden nur in ihrer Verniedlichungsform verwendet. Auf diese Weise dringt die Satire regelmäßig in surreale Sphären vor, ähnlich wie sein Landsmann Quentin Dupieux (Wrong, Wrong Cops) reichen dem Franzosen minimale Mittel, um einen der seltsamsten Filme des Jahres zu drehen.
Minimal ist Jacky auch in anderer Hinsicht: Die Kulissen sind schäbig, die Kostüme rudimentär, Film wirkt insgesamt so billig zusammengeschustert, als wären hier ein paar Amateurfilmer zusammengekommen und hätten einen Nachmittag lang herumgespielt. Und auch bei der Handlung darf man nicht allzu viel erwarten, die Figuren sind bar jeglicher Tiefe, über das originelle Szenario hinaus hat Sattouf nicht wirklich etwas zu erzählen. Das macht sich vor allem im Mittelteil bemerkbar, wenn eine amüsante Umkehrung von „Aschenputtel“ nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass hier so mancher Witz doch zwei- oder dreimal erzählt wird. Doch auch wenn die Satire nicht so großartig wird, wie man gerne hätte und anfangs vielleicht auch erwartet, so ist sie doch sicher ein Geheimtipp für all die, denen Filme gar nicht absurd und böse genug sein können.
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