(„On Air“ directed by Marco Riedl and Carsten Vauth, 2012)
Wer ist der mysteriöse Serienmörder, der von allen nur der Nachtschlitzer genannt wird? Die Polizei tappt im Dunkeln, bei der Bevölkerung geht die Angst um. Auch Radiomoderator Doc Rock (Markus Knüfken) beschäftigt das Thema und beschimpft in seiner Sendung den sadistischen Killer. Bis ein Mann (Charles Rettinghaus) bei ihm anruft und behauptet, eben jener Nachtschlitzer zu sein. Und mehr noch: Er hat ein junges Mädchen in seiner Gewalt und lässt Doc wissen, dass nur er sie retten kann – wenn er als Sieger eines kleinen Spiels hervorgeht.
Bleischwere Dramen oder belanglose Komödien, wer einen deutschen Film sehen will, dessen Auswahl beschränkt sich auf eines dieser beiden Genres – so eine landläufige Meinung. Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht, um Beiträge aus dem Horrorbereich oder richtige Thriller abseits von Tatort-Betulichkeit zu finden, da muss man schon manchmal etwas länger suchen. Und während es in den letzten Jahren durchaus einige Positivbeispiele gab (Du hast es versprochen, Die Frau hinter der Wand, Stereo), so waren doch auch genügend abschreckende Rohrkrepierer (Sin Realer, Bela Kiss: Prologe) dabei. Radio Silence hat es sich nun irgendwo in der Mitte gemütlich gemacht, auch weil die Regisseure Marco Riedl und Carsten Vauth reichlich Prominenz im Gepäck haben.
Stimmlich zumindest, denn die Schauspieler dürfte als Synchronsprecher von George Clooney, Tommy Lee Jones oder Robert Downey Jr schon so mancher gehört haben, als Darsteller wird man sie hingegen eher weniger kennen. Doch auch inhaltlich wird einem manches bekannt vorkommen, denn man orientierte sich schon sehr an den bewährten Vorbildern aus dem Horror-Thriller-Bereich. Einige dieser Versatzstücke sind dann auch ganz effektiv übernommen worden und sollten für den einen oder anderen Schreckmoment reichen. Auch die Atmosphäre ist im Großen und Ganzen brauchbar. Wenn das gesamte Geschehen sich auf sehr wenige Schauplätze beschränkt, war das sicherlich dem Budget geschuldet, hat aber den netten Nebeneffekt, dass die Stadt immer etwas Unwirkliches an sich hat, eine deutsche Miniaturausgabe von Twin Peaks, wenn man so will.
Inhaltlich ist Radio Silence hingegen weniger interessant. Die Hinweise, denen der Ermittler Brix (Ronald Nitschke) nachgeht, sind zwar stimmungsvoll, gleichzeitig jedoch recht unsinnig, so wie vieles hier an den Haaren herbeigezogen ist. Und auch bei den Dialogen hat man sich hier ein wenig überhoben, gerade zum Schluss. Dass die Ambitionen etwas größer werden, man mehr bieten will als die Konkurrenz, ist sicher löblich. Doch der Versuch, den Film zu einer Fabel über die Abtrünnigkeit des Menschen umfunktionieren zu wollen, ist zu zahm und beliebig, so willkürlich wie der Serienmörder selbst. Ordentlich ist der Streifen insgesamt schon, eingefleischte Genrefreunde finden, was sie brauchen und erwarten. Wer sich nicht dazu zählt, wird jedoch nicht unbedingt von seinen Vorurteilen dem deutschen Film gegenüber befreit werden.
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