(„Tante Frieda – Neue Lausbubengeschichten“ directed by Werner Jacobs, 1965)
Nichts wie raus aus dem Internat! Um dem von Anfang an verhassten Ort zu entkommen, schneidet der junge Ludwig Thoma (Hansi Kraus) seinem Lehrer den Bart ab. Der Plan geht auf, der Lausbub wird wieder nach Hause geschickt. Dort kommt er gerade noch rechtzeitig, denn seine Schwester Ännchen (Renate Kasché) und ihr liebster Karl (Michael Hinz) sind mitten in den Vorbereitungen für ihre Hochzeit. Das bietet wieder allerhand Anlässe für Streiche, umso mehr, da seine ungeliebte Tante Frieda (Elisabeth Flickenschildt) plötzlich vor der Tür steht.
Man soll bekanntlich das Eisen schmieden, so lange es heiß ist. Und so dauerte es auch nur ein Jahr, bis die erfolgreichen Lausbubengeschichten eine Fortsetzung erhielten. Viel verändert hat sich auf den ersten Blick auch nicht, noch immer spielt Hansi Kraus den Autor Ludwig Thoma in dessen jungen Jahren, noch immer treibt dieser sein Umfeld mit kleinen Späßen in den Wahnsinn, noch immer werfen wir einen Blick auf das Dorfleben in der bayerischen Provinz. Und auch bei der Besetzung der Nebenfiguren gab es keine Änderungen, Kenner des ersten Teils werden also diverse bekannte Gesichter sehen. Dafür nahm diesmal Werner Jacobs auf dem Regiestuhl Platz, der fortan die Reihe betreute und auch diverse Teile von Die Lümmel von der ersten Bank drehte.
Anders als beim Vorgänger wurde dieses Mal jedoch keine Rahmenhandlung benötigt. Zwar gibt es nach wie vor mehrere Handlungsstränge, die sich um die verschiedensten Einwohner des Dorfes stricken, doch sind diese nun direkter miteinander verknüpft. Vor allem aber entwickeln sie sich in unerwartete Richtungen: Bei Tante Frieda – Neue Lausbubengeschichten dreht ich sehr viel um das Thema Liebe, die diversen amourösen Begehrlichkeiten und die damit verbundenen Konflikte. Der Humor – vor allem die satirischen Elemente – wurde im Gegenzug stark zurückgefahren, die zweite Streichsammlung ist mehr Heimatfilm denn Komödie, volkstümliche Musik und Hang zur Sentimentalität miteingeschlossen. Selbst Tante Frieda, der Hausdrachen von einst, ist plötzlich erstaunlich handzahm, geradezu mitfühlend.
Damit jedoch fehlt Teil zwei genau das, was Lausbubengeschichten auch fünfzig Jahre später noch reizvoll machte. Vorbei sind die Spitzen gegen Gesellschaft und Kirche, verloren das feine Lokalkolorit und das authentische Gefühl, den Alltag eines bayerischen Dorfes zu erleben. Geblieben sind hingegen die Streiche, wenn auch in geringerer Anzahl. Und die waren schon beim Vorgänger mehr Schwachstelle denn Stärke: Anderen Leuten einen Igel ins Bett setzen oder besagtes Abschneiden eines Barts, damit reizt man im abgebrühten 21. Jahrhundert niemanden mehr, der Humor ist aus heutiger Sicht zu brav und zu bieder. Nostalgiker, die früher mit der Filmreihe aufgewachsen sind, können den Film zusammen mit den anderen Teilen in der Lausbubengeschichten Jubiläumsedition erneut entdecken. Ohne eine persönliche Vorgeschichte dürfte es jedoch nur wenige Leute geben, die Tante Frieda dieser Tage noch etwas abgewinnen können.
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