Das Leben ist schoen
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Das Leben ist schön

(„La Vita È Bella“ directed by Roberto Benigni, 1997)

Das Leben ist schoen
„Das Leben ist schön“ ist im Rahmen der Award Winning Collection seit 19. Februar auf DVD und Blu-ray erhältlich

Leben ist, was du draus machst. Mit diesem Motto fährt Guido Orefice (Roberto Benigni) ganz gut, schafft es nicht nur, seinen ersehnten Buchladen aufzumachen, sondern auch das Herz von Dora (Nicoletta Braschi) zu erobern – und das, obwohl die bereits mit jemand anderem verlobt ist. Einige Jahre später scheint nichts das Glück der beiden trüben zu können, selbst mit einem aufgeweckten Sohn sind die beiden gesegnet: Giosué (Giorgio Cantarini). Doch eines Tages können auch sie dem Grauen des Zweiten Weltkrieges nicht mehr entkommen, denn Guido ist Jude. Und so muss er gemeinsam mit seinem Sohn und seinem Onkel den Weg ins KZ antreten. Um Giosué die schreckliche Wahrheit zu ersparen, erklärt er die Vorkommnisse zu einem großen Spiel, in dem mehrere Mannschaften um den Sieg wetteifern.

Darf man über den Holocaust Witze machen? Als 1997 Roberto Benignis Tragikomödie Das Leben ist schön anlief, war auch mehr als 50 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg nicht jeder glücklich bei dem Gedanken, die Schrecken der Naziherrschaft humoristisch aufzuarbeiten. Den Oscar-Juroren war dies egal, nominierten den italienischen Film sogar zum besten Film des Jahres. Ganz dafür hat es zwar nicht gereicht, immerhin durfte Benigni aber die begehrte Statuette als bester Darsteller mit nach Hause nehmen. Und auch dem Publikum war die Kontroverse gleich, machte Das Leben ist schön zum weltweit erfolgreichsten italienischen Film aller Zeiten. In den USA reichte es immerhin für Platz zwei auf der ewigen Bestenliste ausländischer Filme – nach dem Martial-Arts-Epos Tiger & Dragon.

Tatsächlich macht sich Das Leben ist schön zu keiner Zeit über die Tragödien des Massenmordes lustig. Vielmehr feiert Benigni das Leben, beschwört die Kraft der Vorstellung und der Träume, so schäbig und hart die Realität auch sein mag. Wenn Guido mit viel Einfallsreichtum und Chuzpe die Regeln des Konzentrationslagers umschreibt, sich zu eigen macht und in etwas Magisches verwandelt, weiß man als Zuschauer nicht, ob man lachen oder weinen soll. Und auch die Liebe zwischen ihm und Dora, die selbst inmitten dieser trostlosen Grausamkeit ihren Weg findet, rührt einen zu Herzen.

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Während Das Leben ist schön als Film über einen liebenden Vater in Erinnerung blieb, der seinen Sohn vor der hässlichen Welt schützen wollte, gibt es auch eine erste Hälfte, die von Guidos Werben um Dora handelt. Auch die ist nett, manchmal gar charmant, insgesamt aber zu lang. Vor allem beschränkt sich der Humor hier auf recht albernen Klamauk, wie wir ihn aus dem italienischen Kino vergangener Zeiten kennen. Das ist nicht nur oft mäßig lustig, es passt auch kaum zu dem zweiten und deutlich stärkeren Teil.

Doch trotz der langwierigen Banalität, verzichtbar ist die Liebesgeschichte nicht: Einzelne inhaltliche Elemente werden später daraus wieder aufgenommen, Charaktere in der Vorgeschichte langsam etabliert. Und man könnte auch durchaus argumentieren, dass ohne die märchenhafte erste Hälfte der Film nicht seine Wirkung erzielen würde, wenn sich später alles ins Alptraumhafte verkehrt. Die Fantasie, sie mag einen davor bewahren, angesichts des Unvorstellbaren zu verzweifeln. Davor schützen kann sie einen jedoch nicht.

Insofern verweigert sich Benigni bei aller Träumerei dem Kitsch, versucht nicht zu beschönigen oder vergessen zu lassen. Gezeigt wird zwar keine der Gräueltaten, doch auch so wird immer klar, was abseits der Kamera gerade vor sich geht. Und es ist dieses Nebeneinander von Schönem und Hässlichen, von spielerischer Vorstellungskraft und harscher Realität, die einen die dramaturgischen Ungereimtheiten und Längen vergessen lassen und Das Leben ist schön zu einem der bemerkenswertesten europäischen Filme der 90er machte.



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Was tun, wenn das Grauen hereinbricht? „Das Leben ist schön“ setzt der harschen Realität eine verspielte Fantasie gegenüber, lehrt einen, selbst in den schlimmsten Momenten noch zu träumen. Während dieser zweite Teil sehr bewegt, besteht die erste Hälfte aus mäßig komischen Klamauk, der zu lang ist und nicht so recht zum Rest passen will.
8
von 10