(„Dicte“ directed by Kasper Barfoed, Charlotte Sachs Bostrup, Jannik Johansen, 2013)
Wenn eine Tür sich schließt, öffnet sich irgendwo ein Fenster – so heißt es zumindest. Im Fall der Journalistin Dicte Svendsen (Iben Hjejle) ist es aber nicht ganz einfach, beides auseinanderzuhalten. Ihre Stelle in Kopenhagen hat sie aufgegeben, auch ihre Ehe hat sie beendet. Aber ein wirklich neues Leben, das will sie dann doch nicht, zieht stattdessen in ihre alte Heimatstadt und versucht, den Kontakt zu ihren Eltern wiederherzustellen. Und noch eine alte Geschichte trägt sie mit sich herum: ihren Jungen, den sie vor 24 Jahren zur Adoption freigeben musste und den sie seither nicht mehr gesehen hat. Zum Grübeln bleibt jedoch nur wenig Zeit, denn gleich zu Beginn stolpert sie über eine Leiche und legt sich mit dem leitenden Ermittler John Wagner (Lars Brygmann) an, dessen Wege sich noch des Öfteren mit ihren eigenen kreuzen werden.
Düstere Geschichten, eine trostlose Atmosphäre, abgründige „Helden“: Skandinavische Krimis haben sich in den letzten Jahren dank ihrer betont dunklen Färbungen als weltweite Exportschlager etabliert. Im Vergleich zu Platzhirschen à la Larsson (Verblendung) oder Adler-Olsen (Erbarmen, Schändung) suhlt sich Elsebeth Egholm jedoch nicht ganz so ausgiebig im Dreck. Wie schon bei der Serie Nordlicht – Mörder ohne Reue basiert auch Dicte auf Romanen der dänischen Autorin. Sieht man aber von dem Schauplatz ab, die fünf spielfilmlangen Folgen der Serie hätten genauso gut auch aus dem Tatort stammen können.
Action und Gewalt gibt es kaum, über Leichen wird zwar geredet, zu sehen bekommt man jedoch nur wenig. Wer sich auf zünftige Schusswechsel gefreut hat, auf spannende Ermittlungen oder mysteriöse Morde, der wird seine Fahrt in den Norden vermutlich bereuen. Dafür wird umso mehr geredet und gestritten. Nun sind charakterbezogene Krimis nicht zwangsweise schlecht, wie die Kollegen von der Serie Die Brücke zeigten. Deren Reiz bestand schließlich gleichermaßen in dem kniffligen Fall wie in dem sozial eigenwilligen Verhalten der schwedischen Kommissarin. Zeitweise sind die Dramen im Leben der Journalistin – darunter eben auch die Geschichte um die Adoption – aber eher Stoff für eine Soap Opera, weniger für einen Krimi. Spannend ist das nicht, gerade in der ersten Hälfte ist dezente Langeweile angesagt, dazu auch ein gelegentliches Augenrollen. Überzeugen jedoch weder die Krimi- noch die Dramaelemente wirklich, dann wird es zwangsläufig schwierig.
Erst zum Ende hin wird wieder verstärkt Wert auf die Fälle gelegt, und der Zuschauer darf ein wenig mitfiebern, wenn die inzwischen zum Team zusammengewachsenen Dicte und John Verbrechern hinterherjagen. Wirklich viel mehr als Durchschnitt wird dabei jedoch nie erreicht, dafür ist das Gezeigte dann doch zu bieder und austauschbar. Immerhin verzichtete man bei Staffel eins auf die inzwischen allgegenwärtigen übertriebenen Cliffhanger, welche einen nötigen, auch beim nächsten Mal dabei zu sein – und das obwohl es tatsächlich in Dänemark eine Fortsetzung gibt. Entgegenfiebern wird man der bereits abgedrehten zweiten Staffel kaum, als nettes Fernsehfutter erfüllt Dicte aber seinen Zweck.
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