(„Killing Me Softly“ directed by Chen Kaige, 2002)
Die Exil-Amerikanerin Alice Loudon (Heather Graham) hat alles, was das Herz begehrt: Sie ist erfolgreiche Web-Designerin, glücklich liiert, sieht gut aus. Doch aufregend kann man ihr Leben nicht nennen. Wie sehr ihr ein bisschen Nervenkitzel fehlt, merkt sie, als sie eines Tages auf der Straße den attraktiven Adam Tallis (Joseph Fiennes) kennenlernt. Bald schon verlässt sie ihren Freund, um sich ganz dem ausschweifenden Sexleben mit dem bekannten Bergsteiger hinzugeben. Nur eines stört sie, sie weiß so gar nichts über seine Vergangenheit. Und dann wären da auch noch die mysteriösen, anonymen Nachrichten, die sie vor Adam warnen.
Ein attraktiver und undurchsichtiger Fremder, eine unbekannte Vergangenheit mit tragischen Elementen – das sind Zutaten, aus denen Psychothriller gemacht werden. Ein solcher ist Killing Me Softly dann auch oder will es zumindest sein. Doch der Thrill, die eigentliche Spannung, der will sich nicht so recht einstellen. Sieht man einmal von Adams offensichtlichem Hang zur Gewalt ab, wird nicht so ganz klar, weshalb der Beau für ein aufregenderes Leben stehen soll. Der Sex ist intensiv, Anhänger von Heather Graham und Joseph Fiennes dürfen sich auf viel nackte Haut freuen. Ansonsten sehen wir nur relativ wenig Zwischenmenschliches. Das war wohl auch Regisseur Chen Karge (Lebewohl, meine Konkubine, Der Kaiser und sein Attentäter) bewusst, und so baute er noch eine Szene ein, die Alices Freund Jake beim Fußballschauen zeigen, um so einen Kontrast zwischen drögem Alltag und spannender Affäre zu zeigen. Ein bisschen plump ist das schon, wie so vieles bei dem Film.
Interessanter wird es, wenn der Blick in die Vergangenheit und Alices Suche nach Hinweisen stärker in den Vordergrund rückt. Doch darauf muss man lange warten, knapp die Hälfte des Films ist bereits vorbei, bevor ein bisschen an der Nervenschraube gedreht wird. Allzu viel passiert aber auch dann nicht, ein paar altbekannte Momente werden bemüht, die mal funktionieren, mal auch wieder nicht. Vor allem aber fehlt es der Verfilmung des gleichnamigen Romans von Nicci French an Glaubwürdigkeit: die Charaktere sind kaum ausgearbeitet, ihre Dialoge etwas bemüht, die Reaktionen oft kaum nachvollziehbar. Und wenn zum Ende die Auflösung kommt, wird es sogar unglaublich krude.
Dass Killing Me Softly nicht wirklich funktionieren will, liegt neben dem dürftigen Inhalt aber auch an den Darstellern. Fiennes beschränkt sich auf einige wenige Gesichtsausdrücke, die vor allem festhalten sollen, was für ein finsterer Zeitgenosse er doch ist. Viel Variation ist da nicht, Überzeugungskraft auch nicht. Noch schlimmer sieht es aber bei Heather Graham aus, die als eigentliches Aushängeschild das Publikum anziehen sollte, aber nicht viel mehr als ihr gutes Aussehen mitbringt. Ob es nun Über- oder Unterforderung ist, vielleicht auch mangelndes Interesse, man hat nie den Eindruck, dass die Schauspielerin ganz bei der Sache ist, ihre Figur zu einem Menschen macht. Viel bleibt einem so nach den gut anderthalb Stunden nicht übrig. Die eine oder andere nett umgesetzte Szene gibt es, insgesamt ist der Film aber eher belanglos. Für absolute Anhänger von Psychothrillern wird das Gebotene vielleicht reichen, der Rest findet in dem Genre Besseres.
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