(„Kingsman: The Secret Service“ directed by Matthew Vaughn, 2015)
Ruf die Nummer an und du kannst dir wünschen, was du willst!“ Für Märchen ist der Straßenjunge Eggsy (Taron Egerton) zwar schon etwas zu alt, wer aber gerade im Begriff ist, in den Knast zu wandern, der greift auch zu verzweifelten Mitteln. Nach dem Telefonat steht dann auch keine Fee vor der Tür, sondern der nobel gekleidete Harry Hart (Colin Firth). Der erklärt ihm, ein Geheimagent zu sein und dass Eggsys Vater ihm vor vielen Jahren im Dienst das Leben gerettet haben soll. Nach anfänglicher Skepsis beschließt der Kleinverbrecher ein Training zu beginnen, um ebenfalls ein Kingsman zu werden. Und Nachwuchs kann der exklusive Club auch gebrauchen, denn der exzentrische Milliardär Richmond Valentine (Samuel L. Jackson) ist dabei, ein gewaltiges Massaker vorzubereiten.
Agentenfilme und -serien haben wohl nirgendwo eine vergleichbar lange und ruhmreiche Geschichte hinter sich wie in Großbritannien. Tatsächlich wirkt Hart wie eine Mischung aus James Bond und John Steed (Mit Schirm, Charme & Melone), nur dass der beiläufige Humor der Klassiker hier ins Absurde übersteigert wird. Schon in den ersten Minuten, wenn einer der Kingsman auf eine ebenso groteske wie blutige Weise sein Leben lassen muss, ist die Aufforderung ans Publikum klar: Bitte nicht ernst nehmen! Der Reiz liegt dabei jedoch nicht nur in der Übertreibung, sondern auch im Kontrast: Wenn die geschniegelten Geheimagenten mit Schirm, Pistole und vornehmem britischen Akzent auf ihre Feinde losgehen, könnte der Gegensatz zwischen Tea-Time-Trara und grober Gewalt kaum größer sein.
Auch in der Folge lässt die Verfilmung von dem gleichnamigem Comic von Mark Millar und Dave Gibbons keine Gelegenheit aus, sich über sich selbst, vor allem aber bekannte Beispiele der Filmgeschichte lustig zu machen. Die vielen Anspielungen zu erkennen und richtig einzuordnen, macht dann auch einen guten Teil des Spaßes aus, den Rest erledigen herrlich trashige Einfälle. Die Art des Humors ist also nicht ganz einheitlich. Manchmal wähnt man sich in klassischen Parodien à la Mini-Max oder Austin Powers. An anderen Stellen wird es jedoch so übertrieben brutal, als wäre man versehentlich in der Splatterabteilung der Videothek um die Ecke gelandet. Überhaupt ist der Actionanteil hier recht hoch, was dank der rasanten Inszenierung aber als Pluspunkt durchgeht – vor allem ein längerer Schlagabtausch zum Ende hin bleibt nachhaltig in Erinnerung.
Nicht jeder Gag sitzt dabei so richtig: Wie bei Parodien üblich muss auch Kingsman: The Secret Service auf enge Tuchfühlung mit dem Ursprungsmaterial gehen, schafft es jedoch nicht immer, sich davon auch wieder zu lösen. An einigen Stellen, gerade wenn Eggsy sich in einem harten Auswahlverfahren beweisen muss, nehmen die Klischees überhand, der so absurd gestartete Film wird plötzlich erschreckend austauschbar. Allgemein ist die Figur des Nachwuchsgentleman aus dem Proletariat zwar beherzt gespielt, jedoch als Konzept eher langweilig. Und auch der Witz, als Bösewicht einen Turnschuh tragenden, ewig lispelnden Bösewicht einzusetzen, nutzt sich mit der Zeit ab. Manchmal begnügt sich Regisseur und Ko-Autor Matthew Vaughn – der mit Kick-Ass und X-Men: Erste Entscheidung zuvor schon reichlich Erfahrung bei Comicverfilmungen sammeln konnte – zudem mit harmloser Albernheit, um die Zeit zu füllen.
Die eine oder andere Länge schleicht sich im Lauf der mehr als zwei Stunden also dann doch ein, das verrückte Agentenabenteuer kann seine hohe Qualität nicht durchgängig halten. Insgesamt macht die stilbewusste Krimikomödie aber Lust auf mehr und dürfte recht schnell bei den Anhängern überzogener Actionfilme Kultstatus genießen. Die Chancen stehen zudem nicht schlecht, dass es zu einer Fortsetzung kommen könnte, denn zumindest in den USA, in Frankreich und natürlich auch in England avancierte Kingsman zu einem riesigen Erfolg. Ob verdient oder nicht, davon dürfen sich hiesige Kinogänger ab Donnerstag selbst ein Bild machen.
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