Rubinrot
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Rubinrot

(„Rubinrot“ directed by Felix Fuchssteiner, 2013)

20033-rubinrot+w-zwSeit Generationen schon verfügt die Familie von Gwendolyn Shepherd (Maria Ehrich) über ein ganz bestimmtes Gen, das es ihnen erlaubt, durch die Zeit zu reisen. Auch ihre Cousine Charlotte (Laura Berlin) soll diese Fähigkeit geerbt haben, davon sind alle überzeugt. Eifersucht? Nicht bei Gwen. Die ist ganz froh, dass es nicht sie erwischt hat, schließlich ist ihr Leben als Teenager auch so schon schwierig genug. Als die 16-Jährige urplötzlich in der Vergangenheit aufwacht, muss sie feststellen, dass da bei der Prophezeiung etwas schief gelaufen ist. Im Schnellverfahren versucht die Wächter-Loge unter Vorsitz von Falk de Villiers (Uwe Kockisch) sie auf ihr neues Leben vorzubereiten. Und auf eine mysteriöse Mission, die sie zusammen mit Charlottes ebenfalls zeitreisenden, schnöseligen Freund Gideon de Villiers (Jannis Niewöhner) zu erfüllen hat.

Noch bevor Hollywood mit Tribute von Panem, Hüter der Erinnerung oder auch Die Bestimmung das Marktpotenzial dystopischer Jugendromane für sich entdeckt hat, gab es Twilight. Der Actionanteil der Buchverfilmung war geringer, die Zukunftsaussichten nicht ganz so trüb, dafür durfte das jugendliche Publikum vor fantasievollem Hintergrund hemmungslos schluchzen und bibbern, ob denn Mensch und Vampir nun zusammenfinden würden. Doch 2012 war damit Schluss, alle vier Werke waren verfilmt. Und auch deren Helden waren seither nicht mehr für Teenieromanzen zu haben: Robert Pattinson spielte plötzlich in Filmen wie dem dreckigen The Rover oder der bizarren Hollywoodsatire Maps to the Stars mit. Und Kristen Stewart? Die hat ihre schauspielerischen Ambitionen entdeckt und war seither bevorzugt in erwachsenen Dramen wie Die Wolken von Sils Maria und aktuell Still Alice zu sehen.

Diese Lücke galt es zu füllen, und zumindest hierzulande war auch rasch ein vielversprechender Nachfolger gefunden: Die Fantasie-Trilogie „Liebe geht durch alle Zeiten“ von Kerstin Gier, deren Teile zwischen Januar 2009 und Dezember 2010 rausgehauen wurden, in Deutschland über zwei Millionen Käufer fanden und auch in 27 Sprachen übersetzt wurden. International war die Adaption des ersten bandes Rubinrot zwar alles andere als ein Großereignis, aber zumindest heimische Vertreterinnen der Zielgruppe machten den Film zu einem Erfolg, sodass anderthalb Jahre später mit Saphirblau auch Teil zwei seinen Weg ins Kino fand.

Anders als die oben genannten Beispiele bietet der erste Teil der Trilogie einem erwachsenen Publikum jedoch nur wenig interessantes Material. Dabei ist der Einstieg sogar noch recht interessant und weckt Erwartungen auf ein spannendes Zeitreiseabenteuer – wären da nicht die reißbrettartigen Figuren. Charlotte und Gideon geben das arrogante Schönlingspaar, Gwendolyn die alltägliche und von ständigen Selbstzweifeln geplagte Hauptfigur, die à la Aschenputtel trotz aller Hindernisse zum Star des Geschehens aufsteigt. Dass hier Mädchen im Teenageralter eine Identifikationsfigur vorfinden sollen, die an ihrer Stelle ihr gewöhnliches Leben mit all seinen Problem hinter sich lässt und am Ende in den Armen ihres Prinzen liegt, ist nachvollziehbar. Ein bisschen ausgefeilter und eigenständiger hätten die Charaktere aber ruhig sein dürfen, mehr als Klischees wollten hier wohl niemandem einfallen.

Immer wieder stehen die langweiligen Figuren sich selbst im Weg, warum die anfängliche gegenseitige Abneigung von Gwendolyn und Gideon plötzlich in romantische Gefühle umschlägt, das wird auch nicht so richtig klar – nicht nur hier ist Rubinrot holprig erzählt, die einzelnen Bestandteile finden oft mehr schlecht als recht zusammen. Als hätte es den Zeitreiseaspekt nie gegeben, stehen dann nur noch Gwens komplizierte Gefühle im Mittelpunkt, der Film wird zu einem recht oberflächlichen Coming-of-Age-Drama.

Deutlich gelungener ist das Drumherum. Die ständigen Reisen durch die Zeit erlauben die verschiedensten Kulissen und Kostüme, ein bisschen Mantel-und-Degen-Action kommt auch hinzu. Da die Geschichte zudem in London spielt – weshalb auch immer – darf sich der Zuschauer zusätzlich auf schöne Bilder der englischen Hauptstadt freuen. Zählt man nicht gerade zur anvisierten Zielgruppe, wird das jedoch kaum reichen, um aus Rubinrot mehr als eine mittelmäßige Teenieromanze zu machen, zumal der belanglose Popsoundtrack die historische Atmosphäre gleich wieder einkassiert.



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Wenn sich in „Rubinrot“ unsichere Mädchen durch die Zeit reisen und sich in eingebildete Prinzen verlieben, spricht das eher romantikaffine Teenager an, weniger Fantasy- oder Science-Fiction-Fans. Die Ausstattung ist hübsch, dafür sind die Figuren langweilig und reißbrettartig, die Geschichte an vielen Stellen holprig erzählt.
5
von 10