(„Shaun the Sheep, series 6, 2013“)
Kleines Schaf ganz groß: Eigentlich war Shaun nur eine Nebenfigur des mit einem Oscar ausgezeichneten Wallace & Gromit Kurzfilms Unter Schafen von 1995. Doch bei vielen avancierte der putzig-flauschige Vierbeiner zum eigentlichen Star der Episode. Und so erhielt Shaun ab 2007 eine eigene Serie, ist seit heute auch in Shaun das Schaf – Der Film zu sehen. Für Freunde des kauzigen britischen Humors ist das sicher erfreulich, denn während Wallace & Gromit sich seit ihrem bislang einzigen Spielfilm Auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen von 2005 rar gemacht haben, gab es so immerhin einen regelmäßigen Ersatz.
Wer die Vorlage oder auch die anderen Werke von Aardman Animations (Chicken Run, Die Piraten!) kennt, weiß schon, was ihn hier erwartet: liebevolle Stop-Motion-Animationen, ausdrucksstarke, skurrile Charaktere und jede Menge Slapstick und Situationskomik. Ernte gut, alles gut vereint nun neun Episoden aus der sechsten Staffel von Shaun das Schaf, jede von ihnen ist knapp sieben Minuten lang. Eine fortlaufende Geschichte wird nicht erzählt, jede der Folgen steht für sich.
Überhaupt wäre Geschichte übertrieben: Meistens bestehen die Mini-Abenteuer aus einer einzigen Idee oder einer Situation – Shaun versucht an die Apfelernte zu kommen, Hund Bitzer stört sich an einem schief hängenden Bild – die dann mehrere Minuten beackert und zu einem Abschluss gebracht wird. Mit Ernte, wie der Titel suggeriert, hat hier kaum etwas zu tun, muss aber auch nicht, amüsant ist Ernte gut, alles gut auch ohne große Rahmenhandlung.
Das trifft vor allem bei jüngeren Zuschauern zu, denn anders als bei den Ursprungsabenteuern hat man hier doch recht deutlich die Kleinen im Visier. Die Abenteuer sind simpel, es gibt keinerlei Sprache – selbst die Menschen kommunizieren nur durch ein Grunzen –, keine Entwicklung: Man kann in Episode 1 einsteigen oder in 100, es würde keinen Unterschied machen. Erwachsene dürfen hier zwar auch ihren Spaß haben, dafür sorgen schon die diversen verrückten Ideen und das herrlich blöde Viehzeug, mit den „großen“ Filmen kann sich Ernte gut, alles gut dann aber doch nicht messen. Ein Grund dafür ist auch der Fokus auf einen einzigen Schauplatz: Sämtliche Episoden spielen auf dem Hof des Farmers, optisch hält sich die Abwechslung damit zwangsweise in Grenzen.
Ein weiterer Grund dürfte der sein, dass Shaun das Schaf zu einer Spielwiese von zahllosen Regisseuren und Drehbuchautoren geworden ist. Wie schon bei Creature Comforts seinerzeit, so stammt auch hier nur die Grundidee von Nick Park, die Entwicklung und Fortführung übernahmen andere. Damit kommt es dann auch zu spürbaren Schwankungen bei den einzelnen Episoden. Während manche großartig sind, darunter die um eine destruktive Ziege mit hypnotischen Fähigkeiten, sind andere nicht viel mehr als nett. Für einen kleinen Happen zwischendurch reicht das natürlich, und wer Kinder in seinem Umfeld hat, der darf mit ihnen ohne Vorbehalte mal schmunzeln, mal lachen. Gerade zum nahenden Osterfest macht man mit Ernte gut, alles gut nichts verkehrt. Nur wer mehr als das erwartet, könnte von Shaun enttäuscht sein, ein eigenständiger Klassiker sind die Episoden hier sicher nicht.
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